Artikel aus der Ausgabe 3/4-2024
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ARTIKEL aus der Ausgabe März/April 2024
- Schau weiter! ... von Wolf Sugata Schneider
- Mikrotraumatisierungen ... von Andreas Winter
- Die Ur-Schuld ... von Uwe Rapp
- Das Ende der Schuld ... von Björn Geitmann
- Medizinwanderungen ... von Peter Maier
- Das Glücksgefühl im Miteinander ... von Viola Schöpe
- Reisende zwischen den Welten ... von Clara Welten
- Säuren loswerden ... von Barbara Simonsohn
Schau weiter! Denn auf den Kontext kommt es an ... von Wolf Sugata Schneider
Wer ist das Opfer und wer der Täter?
Ein enges Framing des Geschehens bewertet anders als ein weites. Im Bild framt das TV eng und zeigt links einen Angreifer, rechts sein Opfer. Der erweiterte Blick eines Beobachters, der vor Ort dabei ist, erkennt links ein Opfer und rechts einen Täter.
Der Cartoon urteilt über "die Medien": Durch einen zu engen Fokus auf das Geschehen würden sie falsch urteilen. Das ist sicherlich oft der Fall. Aber auch diese Verurteilung "der Medien" – so pauschal, wie Cartoons das eben tun - kann zu eng sein. Es könnte ja ein noch weiterer Winkel den nach links Fliehenden als Täter zeigen, der zurecht verfolgt wird. Oder die TV-Anstalt hat den engen Ausschnitt gewählt, der zwar manipulativ beschuldigt, sie will damit aber einem Attentat vorbeugen. Und schließlich kann ein noch viel weiterer Blick alle beteiligten Menschen, also wir alle in der Weltgesellschaft, als verletzliche, Glück suchende Wesen zeigen, die erst dann zu Tätern werden, wenn sie nicht anders können, vielleicht weil sie traumatisiert sind und ein Trigger in uns eine Affekthandlung auslöst.
Enger oder weiter Blick
Ich habe dieses sich im Internet viral bewegende Bild nicht gewählt, um "die Medien" der Täter-Opfer-Umkehr zu beschuldigen, sondern um zu zeigen, wie unser Bewusstsein funktioniert, das bei einem engen Blick anders urteilt als bei einem weiten. Ich will damit generell auf die Möglichkeit der Ausweitung des Bewusstseins hinweisen. Das kann zum Beispiel Meditation. Sie ist imstande den Blick zu weiten. Sie sollte jedoch nicht dazu führen, sich vor dem Urteilen zu drücken, was einige spirituelle Richtungen empfehlen, die da sagen: Don't judge! Als sei das Urteilen an sich schon Teufelszeug. Gut urteilen zu können ist eine wesentliche Fähigkeit von uns Menschen. Sie ist sogar lebensnotwendig für jeden, der nicht in der Psychiatrie landen will. Was ich esse, mit wem ich zusammenlebe und womit ich Geld verdiene, braucht gute Urteile, um nicht mich und andere zu schädigen. Einen Menschen als Täter zu verurteilen kann eine berechtige Perspektive sein. Dafür gibt es die "dritte Macht im Staate", die Judikative. Ebenso wie ein Übergriff ein Übergriff ist und ein Nein ein Nein, diese oft wiederholten Phrasen haben bei aller Relativität und Kontextabhängigkeit ihre Berechtigung.
Allerdings können Empathie, Meditation und Transzendenz uns über den engen Blick des Urteilenden hinausschauen lassen. So können wir Eskalationsspiralen vermeiden, wie sie in der Politik zurzeit wieder so viele Menschen in ihren Bann ziehen und ins eigene Verderben locken. Aber auch im Privaten gibt es das, zum Beispiel bei den Rosenkriegen.
Die Weitwinkelübung
Besonders in Gruppen mit Menschen, die noch wenig Meditationserfahrung haben, schlage ich manchmal die folgende Übung vor.
Schaut alle auf einen Gegenstand in der Mitte. Das kann eine Kerze sein, um die alle im Kreis herum sitzen, oder sonst ein gut sichtbarer Gegenstand. Lenke deinen Fokus auf diesen Gegenstand und verweile dort. Dann lass dein inneres Auge den Rand deines Gesichtsfeldes ertasten, während deine Augen auf die Kerze fokussiert bleiben. Erfahre so die Beweglichkeit deines Geistes, womit hier der Fokus gemeint ist. Zoome erst auf die Kerze, dann drehe an deinem imaginären Objektiv, so dass du dein ganzes Gesichtsfeld "im Blick" hast - im Blick deines Bewusstseins. Nun schieße die Augen und mache dasselbe nochmal innerlich: Erst der Fokus auf die Mitte, dann erfasse per Weitwinkel das ganze Gesichtsfeld. Diese Bewegung zwischen engem und weitem Fokus lässt sich trainieren wie ein Muskel.
Nun weite, immer noch mit geschlossenen Augen, deinen geistigen Blick noch mehr aus, sodass er 180 Grad weit wird und alles erfasst, was vor dir liegt. Und noch weiter: 270 Grad, dann 360 Grad. Nun bist du selbst mit "im Bild", das Ich oder Subjekt, die Wahrnehmende. Wenn dein geistiger Blick nun auch noch alles erfasst, was du gerade hörst und die Empfindungen deines Körpers und auch die Gedanken und Gefühle, die bei dieser Übung auftauchen, alles! Dann ist nichts mehr außen, alles ist innen. Du bist Gewahrsein und ungetrennt. Sobald ein "Ich erfahre das" auftaucht, ist die Trennung wieder da. Sobald du dir auch dessen gewahr bist, ist sie wieder verschwunden.
Eintauchen ins Sosein
Die Weitwinkelübung ist potenziell immer anwendbar und im Extrem der Totalinklusion identisch mit der mystischen Erfahrung. Das In-den-Blick-Nehmen ist bei empathischer Hinwendung immer auch eine Beheimatung, im Sinn von: "Was ich wahrnehme, das bin ich / darin bin ich". Unsere Gewohnheiten und geistigen Routinen, unser "monkey mind" hält uns jedoch in der Regel von solch einer Hingabe ab. Dieses Ego hält uns von solch einem Eintauchen ins Sosein ab, bei dem, wie Rilke es in einem seiner Gedichte ausdrückt, die Welt zur Innenwelt wird, sodass "Die Vögel fliegen still durch uns hindurch. Oh, der ich wachsen will, ich seh' hinaus, und in mir wächst der Baum."
Der Raja-Yoga des Diesseits
Die üblichen Routinen des Denkens und Fühlens halten uns in Ego-Kreisläufen gefangen. Das ermöglich uns das Alltagsleben und das Lebensnotwendige zu tun. Dazu gehört das Treffen von Entscheidungen, was Urteile voraussetzt. Gut urteilen zu können ist somit höchste Lebenskunst, sozusagen der Raja-Yoga des Diesseits. Ebenso wie auch sein Gegenpol höchste Lebenskunst ist: die Fähigkeit, über jedes gefasste Urteil hinausgehen zu können.
Weitwinkel anwenden zu können, der wie im Bild am Anfang meines Beitrags zu einem ganz anderen Urteil führen kann, als das, wovon ich gerade eben noch überzeugt war. Oder, noch weiter gehend, können wir so mit dem großen Ganzen verschmelzen und eins werden mit allem. Woraus wir hoffentlich auch wieder zurückkehren können, denn ein betreutes Denken, Fühlen und Handeln als Psychotiker in einer Anstalt, wer will das schon. Ich will lieber selbst denken, fühlen und handeln. Ich, das Subjekt, die Mitte der Welt. Meiner Welt oder der Welt? Für mich bin ich die Mitte der Welt. Ebenso bist du das für dich.
Unausweichlich eingeschränkt
Es sind nicht nur die Medien, die "vierte Macht im Staate", daran schuld, dass wir vieles zu eng und zu einseitig sehen: Unser Bewusstsein tut das. Es wählt aus, rahmt (framt) und bewertet dann. Das Framing führt zum Blaming: Du bist der Täter, du bist schuld! Das Wählen von nur einem Ausschnitt aus dem erfahrbaren Ganzen ist bereits die Einschränkung, die zum Tunnelblick führt und zum so oft irrenden Urteilen. Dem können wir jedoch nicht entkommen. Unser Bewusstsein muss aus der Fülle wählen, die Menge des Wahrnehmbaren ist einfach zu groß.
Menschen mit dem sogenannten "Savant-Syndrom", denen es schwer fällt oder sogar unmöglich ist, diese Auswahl zu treffen, sind nur eingeschränkt lebensfähig. Für Psychiater ist dieses Syndrom deshalb eine "Störung".
Wachheit
Wir müssen framen, auch wenn wir uns dadurch einschränken. Dazu gehört auch, dass wir uns eine Geschichte erzählen von dem, wer oder was wir sind und warum wir Recht haben und "die anderen" nicht. Obwohl wir damit in Konflikt geraten, verlangt die uns umgebende Gesellschaft von uns diese Positionierung als Ego. Die angebotenen Zugehörigkeiten zu Wir-Gruppen lindern den Schmerz der Vereinzelung. Sie lösen ihn aber nicht auf, da auch die Wir-Gruppen immer gefährdet sind. Einziger Ausweg aus diesen Gefängnissen unseres Bewusstseins (im Sinne von consciousness) ist Wachheit (awareness). Wir können uns diese Vorgänge bewusst machen. Dann sind wir als Handelnde weniger fanatisch und als Verlautbarende weniger rechthaberisch.
Wolf Sugata Schneider, Jg. 52. 1985-2015. Hrsg. der Zeitschrift Connection. Autor von »Sei dir selbst ein Witz« (2022). www.connection.de, www.bewusstseinserheiterung.info, www.ankommen.website
Hinweis zum Bild „It´s Media“: Die Abbildung wurde vom Autor als Bestandteil des Beitrags geliefert unter der Angabe: aus dem Internet, Urheber unbekannt.
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Mikrotraumatisierungen – wenn die Kindheit krank macht ... von Andreas Winter
Chronische Krankheiten können wieder heilen, wenn deren Ursache entdeckt ist. Diese liegt meist in Verhaltensmustern aus der frühen Kindheit.
Das Gefühl, das Leben sei hart und anstrengend, die Angst, der Liebe nicht wert zu sein oder auch der Glaube, Essen mache dick, Kälte mache krank oder Sexualität sei unmoralisch können erlernte Formeln aus der Zeit sein, in denen wir uns noch im Mutterleib befinden und krankmachende Auswirkungen haben - ein Leben lang. Was Mutter fühlt, fühlen wir auch - und halten es für die eigenen Erlebnisse.
Embryonen werden nicht nur durch wahrnehmbare Reize wie Geräusche und Bewegungen beeinflusst, sondern auch und vor allem durch die Neurotransmitter aus dem mütterlichen Blut. Aufgrund dieser "Standleitung" fühlt ein Ungeborenes, was seine Mutter fühlt und speichert diese Emotionen als Wahrnehmungsmuster ab. Solche Muster sind unterbewusste Grundannahmen, aufgrund derer ein Ereignis als Bestätigung oder Ausnahme eingeordnet werden. Sie entscheiden über die Emotionen bei einem Erlebnis und können somit einen großen Einfluss auf die Gesundheit oder das Verhalten haben.
Tiefenpsychologische Ursachenanalyse hilft alte Muster aufzulösen
Chronische Krankheiten, Süchte oder Angewohnheiten - diese dauerhaft und nachhaltig zu verändern gilt als fast unmöglich. Obwohl wir Menschen doch ein Leben lang lernen, sind Verhaltensänderungen für Ärzte und Psychologen eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Denn oft zeigt sich bald wieder das alte Verhaltensmuster mit seinen Auswirkungen. Ermahnungen, oder Medikamente reichen meist nicht aus, um bei einem Menschen die Weichen für ein konfliktfreies Leben zu stellen.
Geht man den Problemen einmal auf den Grund und analysiert deren Ursachen, so kann man krankmachende Muster mit einer besonderen tiefenpsychologischen Methode verändern. Ob Raucher, Übergewichtige, Allergiker oder von Depressionen geplagte, sie alle können sich mühelos befreien, wenn man den Ursachen auf den Grund geht.
Emotionale Prioritäten bestimmen das Verhalten
Dazu muss man wissen, nicht allein der Verstand steuert uns, sondern es sind tatsächlich unsere emotionalen Prioritäten, also Absichten, Erwartungen und deren Erfüllung, die darüber entscheiden, wie wir uns verhalten. Wie es letztlich mit unserer Gesundheit aussieht, bestimmt auf Dauer nicht der Wille. Wenn man also wirklich möchte, dass ein Mensch sein Verhalten ändert, so muss man ihm zu einer anderen emotionalen Priorität verhelfen. Das geht mit einer speziellen Hypnose, in der die alten Programmierungen erkannt und unschädlich gemacht werden.
Die Nabelschnur ist wie eine Standleitung zur Mutter
Über die Nabelschnur bekommen Ungeborene somit nicht nur Sauerstoff und Nährstoffe, sondern auch Neurotransmitter, jene chemischen Botenstoffe, die Emotionen erzeugen, aus dem mütterlichen Blut. Das bedeutet, Stress, Wut, Trauer, Verliebtheit oder Hoffnung, Erwartungsdruck oder Verzweiflung, alles, was eine schwangere Frau spürt, spürt ihr Embryo genauso. Hinzu kommen noch die äußeren Sinnesreize, die ein Ungeborenes registriert, es hört Geräusche und spürt Bewegungen der Mutter, ohne zu wissen, was oder wer das ist. Es bezieht alles Wahrgenommene auf sich selbst. Genau hier beginnt die Prägung unserer Wahrnehmungsmuster und teilweise unseres späteren Verhaltens. Und genau hier wird das Muster dann in Hypnose aufgelöst und der Mensch kann gesunden.
Wir lernen bereits in der Schwangerschaft
Der Lernprozess eines Menschen beginnt erstaunlich früh. In etwa der dritten Schwangerschaftswoche entwickeln sich die ersten Nervenzellen. Diese reagieren auf Reize und vernetzen sich untereinander, wodurch sie Informationen erfassen und speichern. Lange Zeit ging man gemeinhin davon aus, dass Neugeborene noch völlig unbeeindruckt von der Außenwelt sind und erst mit der Geburt anfangen zu fühlen und zu lernen. Inzwischen weiß man jedoch: Die Nabelschnur ist wie eine Standleitung zur Mutter. Babys sind bei ihrer Geburt keine unbeschriebenen Blätter, sind sie doch bereits durch die Emotionen der Mutter "vorprogrammiert".
Vor circa fünf Jahrzehnten haben Verhaltensforscher und Psychologen damit begonnen, vorgeburtliche Einflüsse der Mutter auf das Baby zu erforschen. Einige Wissenschaftler vermuteten, dass Embryonen nicht völlig isoliert sind, doch es war schwer, dies wirklich zu beweisen. Dennoch macht dieser junge Forschungszweig der pränatalen Psychologie rasante Fortschritte, bei denen Erstaunliches zutage kommt: Forscher haben schon länger vermutet, dass es eine transmittergesteuerte emotionale Wechselwirkung zwischen Mutter und Embryo geben muss. Doch erst vor wenigen Jahren wurde dafür der wissenschaftliche Beweis erbracht: Embryonen reagieren nicht nur auf äußere Reize, wie Geräusche und Bewegungen, sondern auch auf die Wirkung von Hormonen und Neurotransmittern aus dem mütterlichen Blut.
Den Neurobiologen Dr. Ulrike Theisen und Prof. Reinhard Köster sowie der Genetiker Prof. Ralf Schnabel von der Technischen Universität Braunschweig gelang dieser Nachweis 2018 erstmals experimentell an Zebrafischen. Seitdem gibt es immer mehr Berichte für die emotionale Beeinflussung des Ungeborenen durch die Mutter. Im Grunde liegt dieser Schluss nahe, denn dass das Baby im Bauch Sauerstoff, Nährstoffe und auch Giftstoffe von der Mutter bekommt, ist ja schon lange bekannt.
Auch der Entwickler der Primärtherapie, Dr. Arthur Janov, wies bereits 2012 darauf hin, wie der Mensch im Mutterleib bestimmte Phasen durchlebt, in denen die Entwicklung der Organe und vor allem des Gehirns durch Hormone und Neurotransmitter gesteuert werden muss. Traumatisierungen in diesen Phasen wirken sich auf das gesamte weitere Leben des Menschen wie eine Weichenstellung aus, so die Vermutung. Wenn ein Kind geboren wird, sagen Eltern oft: "Unser Kind ist zur Welt gekommen". Doch von dieser Vorstellung sollten wir uns endgültig verabschieden, wenn wir nach Ursachen für Verhaltensweisen forschen. Denn "zur Welt" kommen wir in der Sekunde der Zeugung. Und dann lernen wir monatelang von den durch die Nabelschnur übertragenen Emotionen der Mutter, wie diese Welt wohl offenbar ist.
Doch welche bahnbrechende Schlussfolgerung das in Konsequenz zulässt, zeigt sich im tiefenpsychologischen Coaching bei der Analyse eines Symptoms oder einer konflikthaften Verhaltensweise. Die Ursache von Verhaltens- und Wahrnehmungsmustern findet sich immer in Erlebnissen aus der vorgeburtlichen Zeit, selbst wenn ein Symptom erst nach Jahren ausbricht.
Ursache bedeutet: Hier ist der Anfang, hier hat es begonnen. Es gibt für jedes Phänomen immer nur eine Ursache, also ein einziges Ereignis, das am Anfang eines Prozesses steht. Alle weiteren Erlebnisse bestätigen entweder das Ursprungsereignis oder sind eine Ausnahme davon. Und hier, an der Ursache, kann man das Phänomen verändern.
Ein Trauma erzeugt eine Verhaltensformel
Traumatisierungen lauern an jeder Ecke, nur beachtet dies meist keiner, weil wir fast alles mit den Maßstäben des Erwachsenen bewerten. Daher nenne ich diese frühkindlichen Stresserlebnisse, die einen Jahrzehnte später krank machen oder gar töten können "Mikrotraumatisierungen". Mikro, weil wir sie aus unserer Perspektive für banal und unscheinbar erachten. Doch im Grunde sind sie leicht zu entdecken. Mit entsprechendem Hintergrundwissen und dem Einfühlungsvermögen in die Erlebniswelt eines Kindes entdeckt man plötzlich die traumatisierenden Katastrophen, die Jahrzehnte später dem Leben die Qualität rauben. Wenn man einen Menschen nicht einfach für "zufällig krank" erklärt, sondern ihn in seinem Verhalten und seinen Emotionen ernst nimmt, kann das oftmals schon ausreichen, um vom Symptom auf die Ursache zu schlussfolgern. Das allein reicht selbstverständlich noch nicht aus, um rasch wieder gesund, fit und sorgenfrei zu sein. Aber das Erkennen der Ursache ermöglicht in Folge eine gründliche Aufarbeitung.
Daher ist für uns die Frage so wichtig: "Warum genau ist das beschriebene Erlebnis so schlimm für Sie?" - denn wir bekommen damit Antworten, die viel weiter zurückreichen als die aktuell bewussten Erlebnisse und somit das "Referenzereignis" für weitere Erlebnisse darstellen.
Stresshormone können in den Blutkreislauf des Fötus übertragen werden und hinterlassen Spuren, die ein Leben lang Auswirkungen haben können. Wenn ein Baby geboren ist, hat es bereits eine Vielzahl von Emotionen neuronal verschaltet und ordnet sich dementsprechend ein, je nachdem, welches Gefühl überwiegt, kann es sich dabei sicher oder unsicher fühlen. So entsteht beispielsweise eine Laktoseintoleranz nicht selten durch Stresshormone, die sich in der Muttermilch befinden und vom Baby beim Stillen aufgenommen werden. Nicht selten verkrampft sich das Baby dabei und beißt dabei die Brustwarze wund - was die Mutter noch mehr stresst. Beim Baby wird unterbewusst abgespeichert: "Milch stresst". Die Laktose selbst hat mit der Intoleranz nichts zu tun, weshalb Menschen, die diese Verknüpfung "Mama ist angespannt, und Milch ist der Bote der Nachricht" entkoppelt haben, wieder nach wenigen Minuten Milchprodukte unbeschwert genießen können, falls sie das möchten.
Das Gleiche gilt beispielsweise auch für eine Nussallergie. Hat eine schwangere Frau Spurenelemente von Nüssen im Blut, was in der Adventszeit häufig vorkommt, und zusätzlich Stresshormone, vielleicht weil sie sich überfordert, im Stich gelassen oder bevormundet fühlte, dann werden diese beiden Informationen im fötalen Gehirn zu der Botschaft "Nüsse sind gefährlich" verknüpft. Es kann genügen, dass dieser Eindruck nur, je nach emotionaler Eindruckstiefe, ein einziges Mal bestätigt wird, und schon reagiert der Mensch in einer Gemütslage von Überforderung, Einsamkeit oder Bevormundung allergisch, wenn dabei zeitgleich Nüsse wahrgenommen werden. Ist diese Verknüpfung aufgedeckt und rationalisiert - Nüsse machen nicht krank, und bei Kummer hilft auch kein allergischer Schub - kann der Ex-Allergiker sofort wieder unbeschwert Nüsse verzehren.
So ein Verhaltensmuster ist wie eine Formel, die sich nicht mit Disziplin oder Medikamenten durchbrechen lässt, sondern nur mit dem Verändern eines ihrer Parameter. Die Sichtweise eines hilflosen traumatisierten Kindes zu verstehen ist der Schlüssel zur Veränderung der Kompensationsversuche. Das Werkzeug zur Umsetzung ist nicht die Medizin, sondern das Verschieben der emotionalen Prioritäten.
Meinem Ansatz liegt zugrunde, dass das Gehirn Stress rasch wieder loswerden will, dass die Psyche daher nach Entfaltung in Ruhe und Frieden trachtet - nur den einfachen Weg dorthin nicht kannte. Ein emotionales Update, wie ich es nenne, ermöglicht einen Reifeschritt. Eine einzige Erkenntnis kann für eine automatische und dauerhafte Verhaltensänderung sorgen. Das Ziel des Menschen bleibt dabei das gleiche: Zufrieden zu sein - nur der Weg dorthin wird zu einem anderen.
Andreas Winter, Diplom-Pädagoge, Coach und Erfolgsautor, ist Gründer und Leiter des Institutes Andreas Winter Coaching in Iserlohn, eines der ältesten Coachinginstitute Deutschlands. Seit 1987 arbeitet er mit Coaching- und Analysetechniken sowie mit therapeutischer Hypnose, seit 2004 bildet er Hypnosetherapeuten aus. Weitere Infos unter https://andreaswinter.de
Buchtipp: Andreas Winter: „Wie die Psyche tickt. Die Intelligenz des Unterbewusstseins verstehen. Wie psychosomatische Störungen und Blockaden entstehen und wieder aufgelöst werden können“ Mankau Verlag 2024, 28 Euro. Auch als Hörbuch, vom Autor selbst eingesprochen 18 Euro.
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Was Schuld wirklich ist – Ur-Schuld ... von Uwe Rapp
Meine Mutter äußert sich in meinem Beisein über die Abwesenheit meines Vaters. "Er sollte mehr für die Familie da sein", höre ich sie sagen. Aus Liebe zu ihr glaube ich als Kind was sie sagt. Wie selbstverständlich schenke ich ihr Glauben. Ich übernehme unbewusst ihre Bewertung und bin traurig, dass die Wirklichkeit nicht so ist, wie von ihr gewünscht. Ich denke: "Mein Vater ist zu wenig für uns da, er genügt nicht, er macht etwas falsch". Weil mein Vater zu wenig für die Familie, also auch für uns Kinder da ist, glaube ich, meiner Mutter nicht zur Last fallen zu dürfen. Ich habe Angst, dass sie von mir auch denken könnte, ich mache etwas falsch. Und wenn ich etwas falsch mache, ist das so, wie wenn ich falsch bin und sofort fühle ich mich schuldig. Deshalb versuche ich, alles richtig zu machen. Ich bin vorwiegend nicht im Haus, sondern draußen unterwegs, außerhalb ihres Blickfeldes. So muss ich nicht hören, was sie über meinen Vater sagt und ich kann mit möglichen Fehlern von ihr nicht gesehen werden. Die Angst, falsch zu sein tut so weh, dass ich ihr aus dem Weg gehe, und alles tue, um diesen Schmerz nicht zu spüren.
Weil ich nicht ausgleichen kann, was mein Vater sein und tun sollte, mache ich es mir und meiner Mutter auf diese Weise recht. Es scheint richtig so, ihr keine zusätzliche Belastung zu sein und ich habe scheinbar meine Ruhe vor ihren - meinen - Gedanken.
Fortsetzung - Schuld und Scham ohne Ende
Urteile, Etiketten, Bewertungen, Feststellungen und Überzeugungen sind an sich harmlos, solange ich sie nicht glaube. Als Kind bin ich nicht in der Lage, das, was mir von Mutter, Vater, Lehrer, älterem Bruder und auch anderen angetragen wird, nicht zu glauben. Vieles davon ist sachlicher Natur und beschreibt das, wie die äußere Welt scheinbar ist. Das ist erst mal okay so. Persönlich und peinigend wird es, wenn ich Aussagen oder das Verhalten des anderen so auffasse, dass ich denke, etwas falsch gemacht zu haben oder falsch zu sein. Wenn ich vom Lehrer zu hören bekomme: "Du bist oft unpünktlich zum Unterricht.", und mache daraus: "Ich bin oft zu spät und sollte es nicht sein". Dann bewerte ich das, was passiert ist, als falsch und fühle mich schuldig dafür. Oder ich bekomme zu hören: "Du bist zu blöd für die einfachsten Sachen". Wenn ich diese Bewertung annehme, also glaube, dann bin ich es selbst, der sich bewertet und damit Schuld und Scham einhergeht, weil ich so nicht sein will. Als Kind kann ich nicht wissen, dass ich einer Lüge, dem Konstrukt einer Unwahrheit aufsitze. Ich bleibe zurück mit der stillen inneren Behauptung "Mit mir stimmt etwas nicht." und beginne, mich so zu "halten" und mich zu "ver-halten", dass andere das möglichst nicht bemerken, indem ich automatisch zum Beispiel freundlich, nett und zuvorkommend bin. Es ist eine Art Selbsterhaltungsstrategie, weil ich so am ehesten davon ausgehen kann, dass ich nicht kritisiert werde und nicht mit meiner Selbstverurteilung konfrontiert bin. Doch weg geht sie damit nicht. Der mit dem Selbsturteil verbundene Schmerz ist durch diese Strategie lediglich verschleiert und ins Unbewusste verdrängt.
Positive Bewertung - besser?
Jetzt zu glauben, Kinder sollten oft gelobt und möglichst nie kritisiert werden, ist die andere Seite der gleichen Medaille. Lob führt genauso in die Schuld, wenn es persönlich genommen wird, denn dann werde ich abhängig davon und strebe immer wieder danach. Ich vergleiche mich mit anderen, werte sie ab oder auf. Insofern erschafft Lob als Bewertung genauso wie Kritik ein abhängiges Verhaltensmuster. Die Aneignung einer Bewertung, indem ich sie glaube, ist immer schmerzhaft, gleich ob es sich um Lob oder Tadel handelt und sie schiebt sich als etwas Trennendes zwischen das So-Sein der Wirklichkeit. Hier bin ich als etwas Besseres oder Schlechteres getrennt vom anderen. ICH zu denken, zu glauben und als feststehend anzunehmen, ist die Ursache für Schmerz und Schuld. Es ist die erste, ursächliche und nie hinterfragte Bewertung oder Überzeugung. Alles was danach kommt, basiert darauf. So ist ICH der Urknaller, der scheinbar MICH hier und eine WELT da draußen hervorbringt.
Die Lüge erkennen
Die unbewusst angenommenen und auf mich selbst gerichteten Bewertungen von anderen, erzeugen automatisch ein von mir als bedrückend wahrgenommenes Ich-Enge-Gefühl, in dem ich mich falsch, schuldig und abgetrennt fühle.
Im Bewusstsein darüber, was die illusionäre Wahrnehmung des "Ich-Seins" erschafft und bewirkt, erkenne ich, wo die Schuld wirklich herkommt. Als gesonderte Ich-Einheit fühle ich mich abgespalten vom Ganzen und automatisch schuldig, getrennt zu sein. Das ist die ursächliche Lüge, die zu erkennen die Wahrheit ans Licht bringt. Die Wahrheit, dass ich in Wirklichkeit nie jemals getrennt bin. Es ist der Glaube, ein Ich zu haben und es zu sein, der die Ursache für den Ur-Schmerz der Trennung ist. Es tut weh, weil es nicht die Wahrheit ist. Getrennt in "Ich hier" und "die Welt da" glaube ich, ein eigenständiges, körperliches Wesen zu sein, das sich irgendwie behaupten und etwas verändern, verbessern oder erhalten kann und muss. Das irritierende Gefühl, ein gesondertes Wesen zu sein, schwingt dabei immer mit. Die Schuld in Bezug auf die Wahrheit ist getilgt, wenn ich erkenne, dass ich nicht getrennt bin. Im Bewusstsein der Wahrheit bin ich das Ganze - Eins.
Verboten - Schlechtes Gewissen
Als Kind wohnte ich mit meinen Eltern direkt an einem Bauhof. Dort stand ein hoher Kran für die Verladung. Einmal, als dort zum Wochenende Ruhe eingekehrt war, konnte ich einem Aufstieg ganz nach oben Richtung Führerhaus des Krans nicht widerstehen. Auf halber Höhe angekommen sah ich auf einmal meinen Vater unten gehen. Ich erstarrte vor Schreck, weil ich wusste, dass ich etwas Verbotenes tue und hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Ungewiss, ob mein Vater mich gesehen hatte, wartete ich ab, bis er um die Ecke bog und kletterte dann ängstlich wieder runter. Ich fühlte mich schuldig. Doch für was eigentlich, es war doch nichts passiert. Oder doch? Von meiner Mutter hörte ich oft den Ausspruch "Wer nicht hören will, muss fühlen". Ich dachte, damit ist nur das körperliche Bestrafen durch erhaltene Schläge gemeint. Nun erkenne ich, dass dieser Spruch auch auf ein schlechtes Gewissen hinweist. Das mich meistens, vielleicht immer dann plagt, wenn ich etwas tue, was so nicht sein soll, weil ich dabei andere nicht berücksichtige. Es plagt mich wie innere Schläge, die ich mir selbst antue.
Eigenwille
Beim Kranbesteigen waren kindliche Neugier und sehr viel Eigenwille meine Beweggründe. Ich habe das einfach entschieden zu machen, ohne Rücksprache. Die Möglichkeit meinen Vater zu fragen, ob er meinen Wunsch erfüllen kann und bereit ist, mit mir den Kran zu besteigen, war unbewusst ausgeblendet. Er arbeitete auf dem Hof und hätte die Erlaubnis dazu einholen können; und hätte dann hinter mir her steigen können. Doch für mich war nur wertvoll, was ich allein entschieden habe. Es war ein Versuch, mein mangelndes Selbstwertgefühl auszugleichen.
Der Grundgedanke, etwas Eigenes, selbst Entschiedenes zu brauchen, taucht auch immer mal wieder auf. Das passiert, wenn ich den vollkommenen Wert meines Daseins ausblende und damit verachte, was ich wirklich bin. Wenn ich das nicht gleich bemerke und den damit verbundenen Schmerz ignoriere, setzt spontan oder verzögert das Kompensieren müssen ein, und ich tue etwas, mit dem ich meinen Wert steigern will - etwas Eigenes (Besonderes!). In der scheinbaren Notwendigkeit, das tun zu müssen, lasse ich einen Kontakt, ein Nachfragen nicht zu, da mein Wille dadurch vielleicht undurchführbar wird. Hier bin ich kontaktlos, eigen, abgekapselt, und damit sind der Schmerz und die Enge bereits da, schon bevor ich etwas Unerlaubtes tue. Die Möglichkeit, von meinem Vater bemerkt worden zu sein, hat mir zumindest momentan den Schmerz bewusst gemacht. Ich hatte mich über das, von dem ich wusste, dass es verboten ist, eigenwillig erhoben und das fühlte sich nicht wirklich gut an. Die inneren schmerzlichen Konsequenzen hatte ich damit schon, die äußeren einer Bestrafung sind gar nicht eingetreten.
Jedes Tun hat Konsequenzen
Im Bild vom Schmetterling, dessen Flügelschlag einen Orkan auslösen kann, wird das deutlich. Die pulsierende Lebendigkeit dieses zarten Geschöpfes als Ursache steigert sich hier zu einer immensen Naturkraft, die im direkten Vergleich zur Wirkung eines Flügelschlages eine zerstörerische Kraft hat. Wenn das so passiert, nennen wir es ein Naturereignis. Von außen betrachtet sind Menschen auch Naturereignisse. Dadurch, dass sie sich bewegen, geschieht eine Wirkung. Das ist natürlicherweise so und ich wollte sie dafür nicht beschuldigen. Solange ihr Tun keine Umstände zur Folge hat, die man Schaden nennt, scheint alles in Ordnung zu sein. Der Wunsch, dass möglichst niemand etwas tut, was unangenehme Konsequenzen für mich oder andere hat, also weder Mensch noch Tier, und auch nicht ein fallender Baum, entspricht jedoch nicht der Wirklichkeit dieser Welt. Es gibt ständig Auswirkungen, und wir haben sie, genau betrachtet, nie unter Kontrolle.
Schuld und Schuldzuweisung
Sie passiert immer jetzt, wenn ICH als ein Gedanke geglaubt und gemeint ist. Automatisch geht damit das Gefühl einher, abgetrennt zu sein von allem Übrigen, vom Ganzen. Und ich fühle mich schuldig und schäme mich dafür, nicht vollkommen zu sein.
Zu erkennen, wer ich wirklich bin, ein geistiges Wesen oder Bewusstsein, das scheinbar körperlich in allen Formen als das Ganze erscheint, ist die Schuld in Bezug auf die Wahrheit. In der Annahme, körperlich und damit bedürftig zu sein, ist diese Schuld jedoch verlagert und wird abgewiesen, und so klagen wir uns gegenseitig für etwas an, was auf der (illusionären) Ebene der Körperlichkeit unvermeidlich ist. Denn hier bin ich automatisch darauf bedacht, mich und alles, was ich hervorbringe, also erwirtschafte, möglichst zu bewahren, zu schützen und nicht zu verlieren. Schuldig werden ist in dieser Wahrnehmung eine logische Folge, da Gegenstände und Körper der Veränderung unterworfen sind. Sie können beschädigt, gestohlen, verletzt oder zu Tode gebracht werden. Auch mental angeeignetes Wissen wird oft als persönlicher Besitz betrachtet und unterliegt ähnlichen Auswirkungen. Menschen beschuldigen andere oder sich selbst, weil sie diese Vergänglichkeit nicht aufhalten können, dazu beitragen oder aktiv zerstörerisch sind.
Jede Tat hat eine Ursache, einen Auslöser, sonst würde sie nicht geschehen können. Das eine bedingt das andere. In dem Glauben, körperlich zu sein, machen wir uns durch die somit hervorgerufene Bedürftigkeit alle gleichermaßen schuldig. Da ist niemand besser oder schlechter.
Heilende Sicht – Die Umkehr
Die versäumte, nicht erkannte Schuld in Bezug auf die Wahrheit ist es, die die Welt zu einem Ich-brauche/Ich-will-kriegen-Schauplatz macht, in Paar-Beziehungen, Familien, politischen Gemeinschaften, Völkergemeinschaften, überall. Hier schaue ich in den Spiegel und was ich sehe, bin ich selbst, ich kann es in mir finden, da wo ich bedürftig bin. Die Wahrheit ist die heile Sicht, die sich durch die Verantwortungsübernahme für das, was ich denke, auftut. In der Umkehrung eines Schmerz erzeugenden Gedankens kommt die Wahrheit ans Licht. Sie offenbart sich von selbst, wenn ich den vorweg erwähnten Gedanken "Mit mir stimmt etwas nicht" umkehre in "Ich bin stimmig, richtig so, wie ich bin". Woher weiß ich das? Weil es dort friedlich und liebevoll ist. Einzig das bin ich der Wahrheit schuldig, dass ich hinterfrage, was ich denke. Weil es nicht die Wirklichkeit ist, die mich unglücklich macht, sondern wie ich sie aufgrund der angenommenen Überzeugungen bewertend wahrnehme. Es ist das, was ich über mich und die Welt denke, und es ist immer eine Interpretation der Wirklichkeit, nie die Wirklichkeit selbst. Ich sehe nicht was es ist - ich sehe, was ich denke, was es ist.
Im erwachten Bewusstsein ist klar, dass alles bereits da ist, was ich brauche, um zu sein. Hier ruht ES im vollkommenen Gewahrsein seiner selbst als die unsichtbare Liebe, die ES ist.
Das geistige Wesen, das ICH BIN, ist ganz Ganzes. ES erschafft SICH durch Schöpfung (aus dem Ganzen) als scheinbar getrennt körperliches Wesen inklusive aller Erscheinungen und offenbart sich schließlich im Platzen der Ich-Blase als reines, emotionsloses Bewusst-Sein. In der Hingabe und dem Wegschmelzen des Schmerzkörpers ICH fällt die illusionäre Instanz dessen es benennt weg. Ohne Benennung keine Welt. Wo keine Welt, da ruht "Nicht-Ich" als stille Präsenz in sich selbst und ist doch (durch mich?) ganz da.
Uwe Rapp ist Coach und Autor in der Geistreich-Bewusstseins-Schule – von Mai bis Oktober in 14554 Seddiner See – ganzjährig per Skype. Weitere Infos unter www.geistreich-sein.de
Hinweis zum Artikelbild: © Barosanu_AdobeStock
Das Ende der Schuld ... von Björn Geitmann
Wenn wir mit unseren dunklen Schatten bewusst und liebevoll spielen, dann haben wir keine Angst mehr vor den Schattenenergien, und dann überraschen sie uns auch nicht mehr unbewusst, sondern dann nutzen wir sie für bewusste Erfahrungen und unser Leben wird leichter, schöner und freudvoller.
Wie kann eine neue Welt aussehen? Wie kann ein neues Leben im Zeichen der Liebe aussehen? Wie kann ein von Herzen gelebtes Leben aussehen?
Es ist positiv. Es ist gut. Es ist voll Freude. Es ist voll Frieden. Und es existiert keine Schuld. Schuld, Schulden machen, Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen haben gehören zu unserem Lebensalltag wie ganz selbstverständlich dazu. Jedoch sind oftmals Schuldgefühle das Resultat unserer Erziehung. Auch die Kirche, unser Glaube und die Religion können uns bereits mit Schuldgefühlen belasteten.
Die Energie von Schuld ist negativ behaftet und wiegt schwer. Wir sind jemandem etwas schuldig und somit unfrei, gefangen in einer Abhängigkeit. Solche Strukturen können krank machen, da sie auf hierarchischer Macht basieren. Unser gesamtes Wirtschaftssystem basiert auf Schulden. Menschen nehmen Kredite auf, machen Schulden und zahlen diese Schuld(en) ab.
In der Natur gibt es keine Schuld. Sie ist eine künstliche Erfindung unseres Egos. In der Natur gibt es etwas oder es fehlt etwas. Es sind zum Beispiel Wasser und Nahrung vorhanden oder nicht. Eine Quelle bietet Trinkwasser oder sie ist ausgetrocknet. Es existiert kein "Minus-Wasser". Wenn die Wasserquelle ausgetrocknet ist, dann machen die Tiere die Erfahrung von Mangel, der sich in Durst ausdrückt. Doch das Leben, die Natur steht in keinem Schuldverhältnis zu den Tieren und Pflanzen.
Als Menschen können wir weiterhin Geld als praktisches Tauschmittel nutzen. Es genügt, das Konzept des Schuldenmachens abzulegen. Weshalb könnte dies sinnvoll sein?
Wer sein Geld an andere verleiht, macht sich selbst schuldig, in dem Moment er dies tut. Es entsteht ein Abhängigkeitsverhältnis, das dem Geldgeber zwar Macht und Kontrolle ermöglicht, ihn jedoch auf der energetischen Ebene mit Schuld belastet. Das Schuldverhältnis belastet stets beide Parteien mit der Energie von Schuld.
Das Leben wird immer beide Pole behalten, denn die Dualität ist die Voraussetzung für das Erfahrungen-machen. Wir werden die Schuld also niemals auflösen oder auslöschen (können). Es zu wollen, wäre der falsche Ansatz.
Es geht darum, den Sinn von Schuld zu erkennen und zu durchschauen. Schuld, Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen beginnen in unserem Alltag bereits in unserer alltäglichen Kommunikation mit unserem Partner/unserer Partnerin sowie bei der Erziehung unserer Kinder. Immerzu und ständig formulieren wir Erwartungen und Vorstellungen und senden damit unterschwellig unbewusst Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen. Der andere soll sich schlecht fühlen, wenn er/sie unsere Vorstellungen und Erwartungen nicht erfüllt. Wir enthalten dem anderen unsere Liebe vor, wenn er/sie es uns nicht recht macht. Immerzu und ständig benutzen wir Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen als Mittel zum Zweck, als Methode, als Technik und als Werkzeug, um unsere Ziele zu erreichen - und die meisten bemerken dies nicht einmal.
Damit ist die Energie von Schuld sowohl im Materiellen wie auch im sozialen Miteinander allgegenwärtig und präsent. Achten wir einmal darauf, wie vollgestopft unser Leben mit Schuldgefühlen und mit einem schlechten Gewissen ist! Wie fühlen wir uns dann dabei? Allein wenn wir jemandem "Nein" sagen, oder wenn wir unserer besten Freundin oder dem besten Freund absagen müssen, fühlen wir uns selbst schlecht und haben Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen. Warum? Weil wir wissen, wie wir die Vorstellungen des Ego vom anderen enttäuschen (Wohlgemerkt: Das Ego des anderen ist enttäuscht. Das Herzensfeld können wir niemals enttäuschen, weil die wahre Liebe stets alles großherzig erlaubt).
Wie wunderbar wäre es: Keine Schulden mehr. Keine Schuldgefühle mehr. Kein schlechtes Gewissen mehr. Stattdessen Authentizität, Echtheit, Aufrichtigkeit, Wahrheit, Selbstliebe.
Wir können unser Leben nicht von dem einen auf den anderen Tag umwandeln - zumindest nicht real-weltlich im Außen. Doch wir können bereits jetzt in unserer Fantasie, in unseren Seelenbilderwelten ein schuldenfreies Leben sehen, erkennen und willkommen heißen. Das Haus ist abbezahlt. Das Auto ist unser Auto. Mit Freunden und Bekannten sind wir quitt. Unseren Kindern sagen wir klar unseren Standpunkt und lassen sie dann frei. Unseren Partnern gegenüber treten wir authentisch auf und achten darauf, dass weder wir uns ihnen gegenüber schuldig fühlen noch dass sie sich uns gegenüber schuldig fühlen. Wir sensibilisieren uns einfach für die Energie von Schuld und finden neue Wege und Möglichkeiten, ein vollkommen schuldenfreies, ehrliches, aufrichtiges, authentisches Leben zu führen. Und vor allem spüren wir nach innen, hin zu unserem Inneren Kind, zu unserem Herzensfeld, zu unserer Selbstliebe, und wir achten feinfühlig und aufmerksam darauf, dass wir uns unserem eigenen Herzen gegenüber immer gut, angebunden, ehrlich, treu und in Übereinstimmung befinden.
Die Geschichte von Adam und Eva: Eva hatte vom Apfel des Baumes der Erkenntnis abgebissen. In der Erzählung wird dies der Sündenfall genannt - die Ursünde. Es ist der Ursprung der Entstehung von Schuld. Natürlich ist dieses Bild lediglich eine Metapher, eine Parabel, ein Gleichnis, eine symbolhafte Geschichte. Jede Seele, die aus dem Himmel ins Irdische inkarniert, durchläuft diesen Prozess. Das Baby im Mutterleib ist noch im Paradies mit Vollpension, dem Rundum-Sorglos-Paket. Das Abbeißen vom Apfel vom Baum der Erkenntnis beschreibt das Erlangen von Erkenntnis. Dies ist das Entstehen unseres Selbstbewusstseins.
Das neugeborene Baby weiß noch nicht, dass es lebt bzw. dass es existiert. Das sechsjährige Kind hingegen weiß, wer es ist, welchen Namen es hat und dass es ein Mensch hier auf dieser Erde ist. Der Übergang ist fließend. Das Abbeißen vom Apfel ist gleichbedeutend mit dem Ausbilden unserer Selbsterkenntnis und unseres Selbstbewusstseins. Dies ist gleichbedeutend mit der Ausbildung unseres Egos. Und indem wir uns mit unserem Verstand erkennen und mit unserem Dasein und unserem Körper bewusst identifizieren, fallen wir aus dem Paradies und vergessen unser Gott-sein, unser Liebe-sein.
Wir identifizieren uns immer mehr mit den Dingen dieser Welt, mit dem Außen, mit allem, was wir körperlich-sinnlich erfahren, erfassen und wahrnehmen können sowie mit den Vorstellungen, Werten und Erwartungen unserer Eltern. Dabei vergessen wir uns selbst in unserer Selbstliebe. Und bei diesem Prozess des Vergessens entsteht unbewusst eine Schuld gegenüber unserem eigenen Herzensfeld. So ist diese Schöpfung nun mal gestrickt, um intensive Erfahrungen zu ermöglichen.
Vom Neugeborenen bis zum Alter von ca. 6 Jahren bilden wir unser Ego aus. Anschließend stärken und bekräftigen wir es durch Wiederholungen. Das Ausbilden unseres Egos führt zur Ausbildung unseres Selbstbewusstseins. Es ist der Schritt hinein in die Schuld. Wir sind ein Kind und abhängig von unseren Eltern, von der Gesellschaft und von all den Dingen um uns herum.
Heute gehen wir nun den Schritt hinaus aus der Schuld. Wir erheben uns über unser Kind-sein. Wir werden erwachsen. Wir erwachen. Und wir wachsen über unser Selbstbewusstsein hinaus und erlangen ein Bewusstseins-Bewusstsein. Dieses Bewusstseins-Bewusstsein können wir Bewusstheit nennen. Als Metapher können wir dies beschreiben als das Abbeißen von der Frucht des zweiten Baumes im Paradies.
Es ist die Birne der Bewusstheit. Und mit dieser Birne der Bewusstheit erheben wir uns nun über unsere Kindheit und über unser Verhaftet-sein in der Schuld sowie über unsere Schuldgefühle und über jedes schlechte Gewissen. Wir erheben uns über unsere Ego-Identifikation und damit über unser egoisches Selbstbewusstsein. Wir haben einen Namen und wir können unsere Lebensgeschichte erzählen.
In unserer Bewusstheit erkennen wir uns als Geist: Ich bin Geist. Ich bin Bewusstsein/Bewusstheit. Dieses "neue Selbstbewusstsein" beinhaltet nun, dass wir uns als göttliches, universales Selbst erkennen. Dieses "neue Selbstbewusstsein" auf der Ebene unseres Geistes ist unser Bewusstsein, dass wir Geist sind und dass unser Selbst göttlichen Ursprungs ist. Wir selbst sind "der Große Geist". Und indem sich unser Selbstbewusstsein von dem persönlichen, egoischen Selbstbewusstsein transformiert hin zu einem universal-göttlichen Selbstbewusstsein, erkennen wir uns selbst als Geist und als das universale Bewusstseinsfeld dieser Schöpfung (an).
Und natürlich gibt es auf dieser geistig-göttlichen Eben keinerlei Schuld. Zugleich können wir vom Himmel aus die Schuld der Egos im Irdischen beobachten, bezeugen und - wenn wir wollen - auf der Ego-Ebene auch selbst erfahren.
Wir sind nun also beides gleichzeitig: Ego und Geist. Wir sind frei von jeder Schuld und können als Ego dennoch die Erfahrung von Schuld und einem schlechten Gewissen machen. Dies mag paradox klingen und das ist es auch - jedoch nur für unseren Verstand. Und die Schöpfung ist eben genau so verwirrend angelegt, damit alle Menschen die Ego-Spielchen im Irdischen so lange wie möglich unbewusst erfahren und genießen können.
Und wer mag, kann nun aussteigen und sich in den Zuschauerraum setzen und vom Rang aus dem Treiben auf der Bühne des Lebens zuschauen. Die Egos sind die Schauspieler in ihren Rollen und mit ihren Kostümen auf der Bühne. Und wir als Geist sind die Zuschauer, zusammen mit Gott und den Engeln, und genießen die Unterhaltung, die Show, die Aufführung, das Theaterstück, den Kinofilm.
Wir können mit all diesen Überlegungen und Erkenntnissen nun spielen, uns neu ausprobieren und die dazugehörigen Energie bewusst und sensibel fühlen und spüren. Es gibt kein falsch oder richtig. Es gibt alles. Es existieren alle Möglichkeiten. Und alles ist erlaubt. Wir können uns frei entscheiden, wie reich unser Leben mit Schuldgefühlen erfüllt sein soll. Und dies ist dann eben unser Erleben, unsere Realität. Und andere wählen etwas anderes. Und das ist auch OK. Jeder muss für sich selbst schauen, mit wieviel Schuld oder Freiheit er/sie sich wohl und zufrieden fühlt. Ein harmonisches, gesundes Leben haben wir, wenn beides in einem ausgewogenen Maße miteinander schwingt und da sein darf.
Wo und wie könnten wir Schuld nun auch noch woanders leben als mit Geld oder mit Ego-Verstrickungen und Abhängigkeiten? Wir können uns als Geist erkennen und jederzeit fühlen, spüren und wahrnehmen, wenn wir uns unserem Inneren Kind (unserem Herzensfeld, unserer Selbstliebe) gegenüber schuldig machen würden. Wir können die Energie von Schuld in jeder Situation als Potenzial, als Möglichkeit, als Option für Erfahrungen aufheben.
Schuld dient uns. Schuld wirkt im Hintergrund. Schuld hilft uns, das richtige zu tun im Sinne unserer Herzensfeld-Selbstliebe. Dann ist die Energie von Schuld sehr hilfreich. Wir gehen den Weg, auf dem wir der Schuld niemals begegnen. Wir wählen den Weg der Freiheit und der Selbstbestimmtheit. Wir entscheiden uns immer neu für unsere innere Wahrheit und sind unserer Selbstliebe treu. Auf diese Weise weist uns die Energie von Schuld direkt den Weg hin zu unserer Selbstliebe. Wir können immer nur eines zurzeit fühlen: entweder Schuldgefühle oder unsere Selbstliebe.
Hierbei hat die Schöpfung nun noch ein kleines Hindernis eingebaut, über das wir leicht stolpern können. Es ist unsere Empathie. Wir können Schuldgefühle beispielsweise gegenüber uns selbst oder auch gegenüber einem anderen Menschen fühlen. Fühlen wir Schuldgefühle gegenüber uns selbst, so fühlen wir Schuldgefühle gegenüber den in uns verankerten, verinnerlichten, konditionierten Vorstellungen und Erwartungen. Dies sind genau genommen Fremdenergien in uns, die wir als Kind von unseren Eltern sowie von der Gesellschaft unbewusst aufgenommen haben. Es sind nicht wir selbst (es sind nicht unsere ureigenen Energien), sondern unser konditioniertes Ego definiert sich über diese Fremdenergien. Bei Schuldgefühlen uns selbst gegenüber haben wir also Schuldgefühle gegenüber unserem konditionierten Ego - das wir nicht sind, denn wir sind ja Geist.
Haben wir Schuldgefühle gegenüber anderen Menschen, so sind diese Schuldgefühle entstanden, weil wir in einem energetischen Austausch mit dem anderen, mit unserem Gegenüber, stehen. Wir denken an den anderen und wir nehmen die Energien des anderen empathisch und feinfühlig in uns auf. Wir nehmen also empathisch wahr, wie der andere sich fühlt, wenn wir ihm/ihr zum Beispiel eine Absage erteilen und "Nein" sagen.
Wer genau ist enttäuscht? Das Ego des anderen hatte eine Vorstellung und nun enttäuschen wir diese Vorstellung. Wir enttäuschen also die Vorstellungen und Erwartungen des konditionierten Egos des anderen. Wenn wir nun in Bezug auf den anderen Schuldgefühle in uns fühlen, dann sind diese Schuldgefühle ein Ausdruck dafür, dass der andere seinerseits häufig die Wünsche und Bedürfnisse seines Inneren Kindes vernachlässigt und all zu oft auf die Vorstellungen und Erwartungen seines konditionierten Ego hört. Die Schuldgefühle, die wir spüren sind die Schuldgefühle des anderen sich selbst gegenüber. Es sind nicht unsere Gefühle, sondern wir fühlen, wie sich der andere seelisch mit sich selbst fühlt in Bezug auf sein inneres Kind. Wir können dies also erkennen und die Schuldgefühle bei dem anderen belassen. Es sind nicht unsere Schuldgefühle, sondern es sind die Energien des anderen. Wir spüren sie lediglich empathisch und stellvertretend. Es gibt also überhaupt keinen Grund, auf "unsere" Schuldgefühle zu hören, weil: wir haben keine! Schuldgefühle sind niemals unsere eigenen! Schuldgefühle orientieren sich stets an den Vorstellungen und Erwartungen eines konditionierten Egos. Schuldgefühle beziehen sich stets und immer auf Fremdenergien, die wir nicht sind!
Das Leben ist viel schöner, leichter und freudvoller, wenn wir es unserem Herzen und unserem Inneren Kind recht machen. Und da alle Herzensfelder und alle Inneren Kinder in der Energie der universalen Liebe schwingen, machen wir es dem Herzensfeld des anderen genau dann recht, wenn wir es unserem eigenen Herzensfeld recht machen. Und wir machen es dem Inneren Kind des anderen genau dann recht, wenn wir es unserem eigenen Inneren Kind recht machen.
Schuld gegenüber einem Ego können wir also transformieren und auflösen in eine neue Haltung, dass wir stets darauf achten, es unserem Inneren Kind, unserem Herzensfeld, unserer Selbstliebe und unserer inneren Wahrheit recht zu machen. Wir tun gut daran, die Schwere der Schuld außerhalb unseres Systems im Außen, im Hintergrund und bei den Egos, die da Lust zu haben, zu belassen. Und wir selbst können uns an Leichtigkeit, Freude, Heiterkeit, Wohlsein, Gesundheit, Freiheit und Liebe erfreuen.
Björn Geitmann: Buchautor „Eine Neue Ordnung – Praxishandbuch zum spirituellen Erwachen“ und „Faszination menschliche Kommunikation – Liebe Dich selbst, sonst liebt Dich keiner! www.datgeitman.de/lichtschule_bjoern_geitmann
Hinweis zum Artikelbild: © maryviolet_AdobeStock
Medizinwanderungen – Auszeit in der Natur. Eine Quelle für Seelenausgleich und psychisches Wohlbefinden ... von Peter Maier
Die kleine Schwester der Visionssuche
Eine "Medizinwanderung" kann als Kurzformat einer Visionssuche aufgefasst werden. Medizinwanderungen werden heute von vielen Menschen in der Mitte ihres Lebens mehrfach durchgeführt - aus Gründen der Stressverminderung, um einer ausgewogenen "Work-Life-Balance" willen, um eine Auszeit im ansonsten durch-getakteten Arbeits- und Freizeitgetümmel zu bekommen, um neue Visionen für den Beruf, die Partnerbeziehung, das Familienleben und den ganz persönlichen Lebenssinn zu erhalten und um grundsätzlich neue Kraft für das Leben zu schöpfen.
Mich erstaunt es immer wieder, welch starke Wirkung solch ein Tag in der Natur haben kann. So viele Menschen haben den Kontakt zur Natur völlig verloren. Wenn sie dann einen Tag lang oder selbst nur für einige Stunden ohne die sonst üblichen Ablenkungen wie etwa durch ihr Smartphone ganz alleine in einem schönen Waldstück unterwegs sind, kann bereits diese Erfahrung für sich schon sehr heilsam und "ent-stressend" sein. Stichwort "Waldbaden". Viele Erwachsene werden dadurch womöglich unmittelbar an Kindheitserlebnisse erinnert, als sie mit ihren Eltern zu Spaziergängen und Wanderungen im Wald oder im Gebirge waren.
Eine Medizinwanderung hat darüber hinaus aber noch eine rituelle Absicht: nämlich eine vor der Ritualgruppe klar formulierte Intention, weshalb ein Teilnehmer anschließend allein und fastend in die Natur hinausgehen will. Dadurch hat dieses jahrtausendalte Naturritual einen deutlichen Mehrwert und bekommt eine ungeahnte zusätzliche Tiefenwirkung im Vergleich zu einem bloßen Waldspaziergang. Denn psychische Themen, die reif sind, können durch die natürliche Umgebung und durch Fasten und Alleinsein, sowie durch die Beseitigung der sonst üblichen medialen Ablenkungsmöglichkeiten endlich ins Bewusstsein des Medizinwanderers hochkommen. Genau das kann neben der Auszeit in der Natur an sich zusätzlich sehr heilsam sein - wie eine Medizin für Körper, Geist und Seele. Daher der durchaus zutreffende Name "Medizin"-Wanderung für diese Art von Auszeit in der Natur. Das folgende Beispiel von Julia soll den Sinn einer Medizinwanderung näher erläutern.
Julia (51 Jahre, Name geändert): "Ich kann meinen Sohn nicht loslassen"
An einem Samstagmorgen um 9.00 Uhr trifft sich eine Gruppe von sieben Personen zur Medizinwanderung auf einem Parkplatz neben einem ausgedehnten Waldstück. Die beiden Leiter, ein Mann und eine Frau, führen die Gruppe anschließend in den Wald zu einer kleinen Lichtung. Im Kreis erzählen dann die fünf Frauen und zwei Männer vor allen ihr Anliegen, warum sie überhaupt zu dieser unmittelbar bevorstehenden Medizinwanderung gekommen sind und welche Antworten sie sich dabei "im Spiegel der Natur" erhoffen.
Julia ist verheiratet und hat einen 23-jährigen Sohn. Dieser hat bereits eine Freundin und arbeitet nach der Mittleren Reife und einer dreijährigen Lehre als Elektriker schon seit einiger Zeit in einem Betrieb. Ihr Mann fährt täglich mit der S-Bahn zur Arbeit nach München, sie selbst ist halbtags als Arzthelferin tätig. Die Familie wohnt in einem eigenen Haus in einem Dorf westlich von München. Eigentlich hat Julia ein schönes Leben, alles scheint in bester Ordnung mit ihr und ihren beiden Männern zu sein - mit Ehemann und erwachsenem Sohn. Aber sie klammert und kann ihren Sohn, ihr einziges Kind, innerlich einfach nicht loslassen. Dieser will eigentlich schon seit einem Jahr ausziehen und mit seiner festen Freundin in einer eigenen Wohnung leben.
Die Schuldgefühle gegenüber seiner Mutter hielten ihn jedoch bis jetzt immer noch zurück. Denn Julia sagte ihrem Sohn immer wieder, dass sie dies noch nicht verkraften könne. Gleichzeitig weiß sie seit längerer Zeit, dass sie ihren Sohn damit unglücklich macht und dessen eigenes Leben blockiert, je länger sie ihn an seinem Auszug hindert. Was ist denn nur mit ihr los, dass sie ihren Sohn innerlich einfach nicht ziehen lassen kann - was doch eigentlich eine sehr natürliche Entwicklung wäre? Ihr Sohn steht ja bereits gut auf eigenen Füßen: Er ist finanziell unabhängig und psychisch sehr stabil. Dieser Konflikt zerrt schon seit mehreren Monaten an Julia. Sie erhofft sich heute Impulse für eine Lösung. Es ist ihr sehr peinlich, dass sie nach ihrer Erzählung in der Gruppe vor allen weinen muss. Nun bittet sie das Universum um Hilfe - um heilende Eingebungen bei der Medizinwanderung.
Nachdem alle Teilnehmer ihr Anliegen vorgebracht haben, weisen die beiden Leiter darauf hin, dass alle Wesenheiten der Natur wie etwa Tiere, besondere Landschaftsformationen, Bäume, Steine, Pflanzen, Insekten usw. ein Bewusstsein haben und den Teilnehmern durch ihr Erscheinen einen Hinweis oder eine besondere Botschaft auf ihre konkrete Fragestellung geben können. Daher haben all diese Begegnungen während der Medizinwanderung womöglich eine besondere Bedeutung für das vorgebrachte Anliegen. Die Wanderung soll von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr dauern, also sieben Stunden lang.
Bevor die beiden Leiter alle Teilnehmer einzeln in ihre Solo-Zeit verabschieden, geben diese ihre Smartphones und Handys ab. Mit dabei haben sie nur einen kleinen Rucksack mit zwei Litern Wasser und ein Tagebuch, um all die Erlebnisse während des Tages notieren zu können. Auf Essen wird ganz bewusst verzichtet, um die Sinne zu stärken. Während der Medizinwanderung gilt jeder Teilnehmer wie bei einer Visionssuche als unsichtbar und ist ganz sich selbst überlassen.
Um 17 Uhr sind tatsächlich alle wieder zurück. Im Kreis sitzend erzählt nun nacheinander jeder einzelne seine wichtigsten Erlebnisse von der Wanderung. Dafür hat er zehn Minuten Zeit. Alle hören aufmerksam zu, keiner gibt dazwischen einen Kommentar ab. Nach jeder Geschichte geben die beiden Leiter einen "Spiegel", ein Feedback, was ihrer Meinung nach die Erlebnisse für den Betroffenen bedeuten könnten. Hier die Erzählung von Julia:
Die Rehe zeigen mir den Weg
"Am Nachmittag hatte ich ein besonderes Erlebnis, als ich am Waldrand neben einer alten Eiche saß. Plötzlich kam eine Reh-Mutter mit ihrem Kitz auf die Wiese vor mir. Obwohl die Mutter immer wieder den Kopf hob, um sich nach allen Seiten umzuschauen, sah sie mich nicht. Deshalb fühlten sich die beiden Rehe ungestört und sicher und ich konnte sie entspannt beobachten. Das war wunderbar und etwas ganz Besonderes für mich, denn so etwas hatte ich noch nie zuvor erlebt. Ich war Rehen noch nie so nahegekommen wie jetzt.
Das Reh und ihr Kitz grasten fast eine ganze Stunde lang friedlich auf der Wiese, nur etwa 30 Meter von mir entfernt. Das Kitz war dabei die ganze Zeit sehr nahe bei der Mutter, es war innig mit ihr verbunden. Dieses ganze Bild vor mir rührte mich nach einer gewissen Zeit so sehr an, dass ich erneut weinen musste -- ähnlich wie schon bei der Besprechung am Morgen in der Gruppe. Ich konnte meine Tränen gar nicht zurückhalten und da ich ganz alleine war, wollte ich dies auch gar nicht mehr. Endlich konnte ich meinen Gefühlen freien Raum geben und die Tränen einfach laufen lassen. Ich konnte es mir aber nicht erklären, warum ich so weinen musste. Was haben die Rehe in mir angerührt, was haben sie in mir ausgelöst? Hat denn ihr Erscheinen irgendetwas mit meinem Problem zu tun?
Irgendwann war ein Knacken im Wald zu hören. Offensichtlich schreckte dieses Geräusch die Rehe so auf, dass sie die Wiese sofort fluchtartig verließen und im Wald verschwanden. Das Erlebte mit den Rehen ging mir jedoch noch lange nach und auch jetzt bin ich deshalb immer noch ziemlich verwirrt."
Reflexion: Die Reh-Mutter wird zum Vorbild
Nach der Erzählung bietet die Leiterin Julia folgende Deutung für ihr Tiererlebnis an: Das Reh und ihr Kitz zeigen ein gesundes und natürliches Zusammensein von Mutter und Kind. Die Reh-Mutter beschützt ihr Kitz auf ganz selbstverständliche Weise, das Kitz hat das Bedürfnis, der Mutter immer nahe zu sein, Reh-Mutter und Kind sind innig miteinander verbunden. Damit hat Julia einerseits einen bestätigenden Spiegel bekommen für ihre innige Beziehung zu ihrem 23-jährigen Sohn. Denn sie hat sich ebenfalls, so wie die Reh-Mutter auf der Wiese, die ganze Zeit liebevoll um ihren Sohn gekümmert, so dass er wachsen und von einem "Kitz" zum Reh, das heißt von einem kleinen Jungen zu einem großen jungen Mann werden konnte.
Das friedliche und natürliche Bild, das die Reh-Mutter und ihr kleines Kitz ausgestrahlt haben, hat noch eine andere Komponente, die Julia zwar nicht gesehen, aber offensichtlich bereits in ihrem Herzen gespürt hat. Vermutlich war dies der Grund, weswegen sie am Waldrand so weinen musste. Denn in einigen Monaten wird das Kitz ausgewachsen sein, sich mit einem anderen Reh paaren und schnell selbst eine eigene neue Reh-Familie gründen. Das ist ein natürlicher Vorgang, der potentiell bereits jetzt in dem Kitz steckt und in ihm angelegt ist.
Die Reh-Mutter weiß instinktiv, wann sie ihr Kind ins eigene Leben entlassen kann und dann auch muss. Und dies wird schon bald der Fall sein, obwohl die Mutter heute Nachmittag ihr kleines Kitz noch liebevoll beschützt und auf es aufgepasst hat. Keine Reh-Mutter wird jedoch ihr ausgewachsenes Reh-Kind festhalten, wenn die Zeit gekommen ist. Ein Instinkt sagt ihr, wann es so weit ist, dass sie ihr groß gewordenes Kind in ihr eigenes Leben entlassen kann.
Da Instinkte bei uns Menschen nicht so dominant sind wie im Tierreich, und wir mental die Möglichkeit haben, uns durchaus auch in unnatürlichen und lebensfeindlichen Hirnkonstrukten zu verlieren, kann es genau dadurch zu Konflikten kommen. Die Beobachtung der Rehe könnte Julia in ihrer Situation daher helfen, ihre Haltung zu ihrem Sohn zu überprüfen und im Spiegel der Natur zu korrigieren, um den längst überfälligen und natürlichen Schritt jetzt zu tun: nämlich ihren Sohn nicht länger festzuhalten, sondern ihn endlich in sein eigenes Leben zu entlassen.
Vermutlich hat Julia gespürt, dass dies bald der Fall sein wird und sie ihr inniges Mutter-Verhältnis zu ihrem Sohn aufkündigen muss. Aber so, wie das erwachsene ursprüngliche Rehkitz selbst dann noch - etwa im Reh-Rudel - eine gute Beziehung zu seiner Mutter haben wird, wenn es bereits eine eigene Reh-Familie gegründet hat, so ist auch ihr Sohn für die "Menschen-Mutter" Julia nicht verloren, wenn sie ihn jetzt in Frieden gehen lässt. Im Gegenteil. Es ist sogar wahrscheinlich, dass ihr Sohn nach einer gewissen Zeit von sich aus wieder eine gute Beziehung zu seiner Mutter suchen wird, gerade wenn sie ihn nicht mehr festhält: dann aber auf einer ganz anderen, erwachsenen Ebene.
Julia wird nun bewusst, dass die Begegnung mit "ihren" Rehen während der Medizinwanderung genau diese zweite Komponente beinhaltete. Gerade weil sie die Reh-Mutter und ihr Kitz so intensiv und so lange beobachten konnte, wurde ihr das ganze natürliche Geschehen ja erst bewusst, auf das die Leiterin sie in ihrem Feedback soeben hingewiesen hatte. Vor allem konnte sie dieses natürliche Gesetz der Ablösung zwischen Mutter und Kind endlich in sich spüren, emotional erleben - und akzeptieren. Das äußere Reh-Bild ging in Resonanz mit ihrer Seele und erzeugte darin etwas Neues - ein heilendes und befreiendes schamanisches, inneres Seelenbild.
Alle anderen Mitglieder in der Gruppe können dabei zuschauen, wie diese archaische Erkenntnis in Julia immer mehr einsickert und emotional in die Tiefe geht. Nun weint Julia heute zum dritten Mal, aber sie schämt sich diesmal nicht (mehr) vor den anderen, denn jetzt sind es Tränen der Befreiung und Erleichterung. Etwas fällt gerade im Beisein aller von Julia ab: Ihre längst unnötige Sorge um ihren Sohn, die die Hauptursache für ihr Festhalten war. Sie darf ihn guten Gewissens ziehen lassen, weil sie weiß, dass er jetzt selbst auf sich aufpassen kann. Und das ist sehr befreiend für Julia.
Fazit: Heilung durch die Medizinwanderung
Nach mehr als 20-jähriger Initiationsarbeit mit Jugendlichen und ihren Eltern bin ich fest davon überzeugt, dass viele (Beziehungs-)Konflikte und sogar Krankheiten genau dadurch entstehen, dass entweder (Helikopter-)Eltern ihre längst erwachsenen Kinder nicht wirklich ins eigene Leben gehen lassen; oder weil die Kinder etwa durch fehlende Übergangsrituale oder aus reiner Bequemlichkeit gar nicht von ihren Eltern weggehen, sondern viel zu lange lieber im "Versorgungsinstitut Pension Mama" bleiben wollen, selbst wenn sie schon jenseits der Dreißig sind. Gerade junge Männer und ihre Mütter kommen oft nicht voneinander los, so dass man ihr Verhältnis bisweilen sogar als "gegenseitigen emotionalen Inzest" bezeichnen könnte.
Eine Folge daraus sind oftmals Beziehungsprobleme in den neuen Partnerschaften der jungen Leute, wenn es vorher keine wirkliche Ablösung von den Eltern ins eigene Leben gegeben hat. In fehlenden Initiationsritualen junger Menschen und im mangelnden Bewusstsein vieler Eltern, ihre Kinder wirklich bewusst ins eigene Leben gehen zu lassen, sehe ich eine Hauptquelle für vielfältige Probleme in unserer heutigen Gesellschaft: jahrelanges Herumhängen junger Leute; aber ebenso Scheidungen, mangelnder Lebenssinn, Unfähigkeit der Abgrenzung und Konflikte im Beruf, Überforderung bei der eigenen Familiengründung u. v. m. bei Menschen jenseits von 35 oder 40 Jahren.
Vor diesem Hintergrund ist der (Lebens)Schritt, den Julia während des ganzen Medizintages gemacht hat, gar nicht hoch genug einzuschätzen. Und es erstaunt mich immer wieder, was Medizinwanderungen heilend für eine gesunde seelische Entwicklung bewirken können.
Peter Maier ist Gymnasiallehrer, Initiations-Mentor und Autor.
Bücher: „WalkAway – Jugendliche auf dem Weg zu sich selbst. Epubli Berlin 2023, Softcover 16,99 Euro, e-Bock 9,99 Euro | „Heilung – Die befreiende Kraft schamanischer Rituale“ Epubli Berlin 2022, Softcover 16,99 Euro, eBook 10,99 Euro. | „Heilung – Plädoyer für eine integrative Medizin“, Epubli Berlin 2020, 1. Auflage, Softcover: 18,99 Euro, eBook: 12,99 Euro | „Heilung – Initiation ins Göttliche“, Epubli Berlin 2020, 2. Auflage, Softcover 18,99 Euro, eBook 11,99 Euro.
Infos / Buchbezug unter www.alternative-heilungswege.de und www.initiation-erwachsenwerden.de
Hinweis zum Artikelbild: © Thorsten Spoerlein_AdobeStock
Das Glücksgefühl im Miteinander ... von Viola Schöpe
Wann hast Du Dir das letzte Mal richtig Zeit genommen für jemanden, der Dich brauchte, ohne dass Du davon etwas profitiert oder erwartet hattest?
Wann hast Du Deinen letzten Krankenbesuch gemacht; jemandem Blumen, Kuchen oder einfach Liebe vorbeigebracht? Wann hast Du jemanden, der weint, gefragt, ob er jemanden braucht, um mit ihm zu sprechen? Wann hast Du einem alten Menschen die Tasche getragen, in die Straßenbahn geholfen, mit dem Auto oder am Schalter den Vortritt gelassen oder einfach freundlich gegrüßt? Oder jemand Fremdem, der einsam und verlassen zu sein scheint, ein Geschenk gemacht?
Vielleicht kommen dir diese Sätze wie eine Moralpredigt vor. Dies sind jedoch Fragen, die Du Dir vielleicht selbst stellen würdest, wenn Du einmal Hilfe oder Beistand suchst: Jemanden, der Dir einen Tee ans Bett bringt, wenn Du krank bist; jemanden, der einen liebevollen Hinweis gibt oder Dir einfach mal nur zuhört.
Viele sind im Alltagsstress oder in den "Social-Media-Plattformen" verloren, oder von der Hoffnung getrieben, dass ein göttliches Wesen ihnen zuschaut und Lob verteilt. Medien, Politik und der Markt ringen um deine Aufmerksamkeit und wollen dich von Dingen überzeugen, die wir haben müssten, und Tätigkeiten, die wir tun sollten. Die gleichen Medien zeigen Dir, was am Ende der Welt passiert, und so bist Du absorbiert und bekommst nicht mit, dass dein Nachbar vielleicht immer einsamer wird, oder im Haus jemand stirbt, und es tagelang niemand mitbekommt.
Viele lassen sich manipulieren, vom Egoismus und Geiz leiten, und geizen so auch mit Zeit. Das heißt nicht, dass Du es ihnen gleich tun musst, um mit ihnen verbunden oder befreundet zu sein.
Wenn wir uns als Schöpfer verstehen und beschreiben, dann macht es mehr Sinn, ehrlich zu sagen: "Ich habe entschieden, mir nicht die Zeit zu nehmen." Du bist Dir bewusst, dass Du die Situation so erschaffen hast. Dann übernimmst Du die Verantwortung und kannst etwas ändern.
Wenn Du davon ausgehst, dass Du Deine Realität selbst erschaffst, und Dich als Schöpfer dessen beschreibst, dann hast Du den Stress und auch die Zeit als lineare Größe selbst erschaffen. Zeit wird manipulativ beschleunigt und scheinbar rar. Aber, wenn Du die Zeit bewusst anhältst und Dir für jemanden Zeit nimmst, unerwartet, ohne Berechnung, ohne auf die Uhr zu schauen. Wenn Du ihn anrufst oder bei ihm klingelst, um zu fragen, wie es ihm geht, oder ob er etwas eingekauft haben möchte, weil er krank oder hilfsbedürftig ist, dann kommt ein Glücksgefühl auf, ein Sinn im Leben, der größer ist, als nur materielle Wünsche zu erfüllen. Dann geht dein Herz auf, und das ganze Universum strömt in Dich hinein. Intuitiv spürst Du, dass es genau richtig und nichts auf dieser Welt in genau dem Moment wichtiger ist. Finde es für Dich heraus.
Hilfreich ist es, sich in die andere Person hineinzuversetzen ohne mitzuleiden, sich nur mal die Frage zu stellen: Was würde mir in dem Moment gut tun? Ich meine hier keine Kontrollaktion, wo von Dir erwartet wird, dass Du jetzt jemanden helfen musst, der vielleicht im Mangelbewusstsein deine Energie verschlingt.
Es wird viel von bedingungsloser Liebe und Mitgefühl geredet, aber die tiefe Frage bleibt: Wie setze ich das im Alltag um, ohne mich überfordert zu fühlen oder gestresst zu sein? Es beginnt alles mit der Selbstliebe, sich selbst und andere zu achten und zu lieben und innerlich dabei frei zu sein. Dies ist aus meiner Erfahrung ein Lernprozess. Ich habe zum Beispiel neugierig beobachtet, was diejenigen machen, die Weisheit und heilende Energie ausstrahlen. Bei ihnen habe ich eine natürliche Verbundenheit mit anderen und der Umgebung wahrgenommen.
In den Heilseminaren "Das Körper-Spiegel-System" von Martin Brofman habe ich in freier unbeschwerter Weise genau diese Verbundenheit selbst erlebt und erlernt. Wenn ich sie selbst lehre, beobachte ich, wie die Teilnehmer in diesen Energiefluss des freien Gebens und Nehmens in entspannter und freudiger Weise eintauchen und sich ganz natürlich für sich selbst und andere Zeit nehmen. Sich selbst und andere im Heilprozess zu unterstützen, ist ein Geschenk an uns, und wirkt stärkend auf Dein ganzes Energiesystem, ebenso auf Dein Umfeld.
Wenn wir es in der Sprache der Energie und der Chakren beschreiben, dann bist Du in dem Moment im Kronenchakra im tiefsten Teil Deines Wesens geöffnet. Du spürst die allumfassende Verbindung, und dass es im Grunde keine Getrenntheit gibt. Du kontrollierst oder erwartest nichts.
Jeder hat das schon einmal erfahren, dieses unbeschwerte Sich-kümmern oder Füreinander-da-sein, sich füreinander Zeit zu nehmen, ohne dabei Erwartungen zu haben. Die meisten kennen es mit ihren eigenen Kindern oder den Liebsten. Diese Momente sind wunderschön, jedoch immer noch begrenzt. Mit jemand Fremdem diese Erfahrung zu machen oder sogar mit jemandem, den Du ablehnst, ist die hohe Kunst der spirituellen Schule.
Es wird zu einem höherem Vergnügen, tieferen Glücksgefühl, tantrischer Ekstase und es fließt endlos viel Energie zu Dir. Du erkennst, wie einmalig göttlich dieser Moment ist - wenn wir diese Energie ohne Erwartungen austauschen, frei geben und annehmen. Du kannst es wie Meditation und Achtsamkeit erlernen. Es ist nicht mit einer einzigen Geste getan. Wenn Du die Bequemlichkeit und Deine Komfortzone im Gehirn überwindest, ist es ein heilendes Gefühl und unbeschreiblich schön.
Kleine Übung - große Wirkung: Frage Dich abends, frei von schlechtem Gewissen: Wieviel Zeit habe ich mir für mich und für jemand anderen genommen, der mir wichtig ist, und wie intensiv habe ich diese Zeit ausgefüllt?
Ich entscheide selbst, so zum Beispiel auch aufgedrückte Rituale zu hinterfragen und liebevoll zu verändern, um mir Auszeiten zu schaffen. Außerdem braucht es nicht viel Zeit, freundlich jemanden zum Beispiel in der langen Warteschlange vorzulassen oder Hilfe anzubieten, wenn es sich anbietet, Dich jedoch frei und unbeschwert sein lässt. Fühle in Dich hinein und gönne Dir die Entscheidung, heute jemandem etwas Gutes zu tun und sich füreinander Zeit zu nehmen. Du wirst sehen, es wird etwas Wunderbares passieren, gerade wenn Du nichts dabei erwartest.
Viola Schöpe ist eine erfahrene Heilerin und Seminarleiterin der Heiltechnik „Das Körper-Spiegel-System". Weitere Infos unter www.koerper-geist-heilung.de
Hinweis zum Artikelbild: © JMarques_AdobeStock
Reisende zwischen den Welten ... Ein Auszug aus ihrem neuen Buch „Wir sind Hebammen des Lichts!“ von Clara Welten
Seit ich denken kann, nehme ich wahr. Und um ganz präzise zu sein, habe ich bereits wahrgenommen, als ich noch nicht denken konnte: Ich lag in meinem Gitterbettchen, in dem ich nach Aussagen meiner Mutter bis zum zweiten Lebensjahr schlief, und hatte Angst. ... In dieser Zeit weinte ich fast jede Nacht, auch um ins elterliche Bett kommen zu dürfen. Da es wohl zur Erziehungsmaßnahme gehörte, das Kind "unabhängig" zu machen - mit zwei Jahren - wurde mir dieser Wunsch meistens nicht gewährt.
Eines Abends, es war noch zu dieser Zeit, rief ich nach meiner Mutter, weil ich mir mit meiner Furcht nicht zu helfen wusste. Ich wollte, dass sie mich - wie so oft - trösten käme, was manchmal geschah und oft nicht, wahrscheinlich weil sie von meiner Bedürftigkeit überfordert war. Während ich rief, ging die Tür von unserem Kinderzimmer auf, von meiner anderthalb Jahre älteren Schwester und von mir. Die Tür öffnete sich nach Innen. Ich erinnere mich daran, dass mir dieser Akt in meinen sehr jungen Erdenjahren merkwürdig erschien, wurde die Tür doch von außen geöffnet! Hinter der Tür lag ein lichterfüllter weiter Raum. Aus diesem hellen weißen Raum gleisenden Lichts trat eine Frau heraus, ein Lichtwesen, größer als der Türrahmen selbst, viel größer. Ich erschauderte! Sie kam auf mich zu. Meine Angst stieg mir bis zum Hals hinauf und ich versuchte, die Bettdecke über meine Augen zu ziehen. Aber es half nichts! Es hatte offensichtlich nichts mit meinen Augen zu tun: Denn diese weibliche Lichtgestalt kam weiterhin auf mich zu, auch, wenn ich mit meinen physischen Augen gar nicht mehr schaute! Sie setzte sich auf die Stäbe meines Gitterbettchens. Sie sah mich an. Der Blick klar, unmissverständlich, liebevoll. Ihre langen braunen Haare, die doch nur Licht waren, glitten an ihren Schultern herab. Ihr Lächeln war freundlich und offenherzig. Mein ganzer Körper jedoch war vom Schrecken erfüllt, weil sie ihren Blick nicht abwendete! Ihr Gesichtsausdruck war so beständig als sei er in einen Wert von Ewigkeit gebettet! Ich versuchte, wegzusehen, was jedoch nichts half. Sie war da! Ihr Blick ruhte auf mir, dieser Blick, der mich direkt durch meine Augen hindurch in meine Seele traf - voller Liebe und Mitgefühl. Nach gefühlten Stunden, die in unserer Zeitrechnung lediglich Minuten waren, nickte sie mir zu. Ich wusste, dass sie nun aufstehen und gehen würde. Sie ging zurück - zurück zur Tür. Dort angekommen, drehte sie sich noch einmal um, lächelte mir zu und schloss die Tür hinter sich. Da fiel mir auf, dass sie ihren Gesichtsausdruck die ganze Zeit über nicht verändert hatte und es das war, was mir solche Angst bereitet hatte, als sei der Gesichtsausdruck "eingeschweißt". Und wieder war ich allein mit meiner Schwester im Kinderzimmer, in der ehemaligen DDR, in einer Kleinstadt bei Halle, im Jahr 1969. Wenn ich diese Lichtgestalt heute vor mir sehe, und ich kann sie seit meinen jungen Erdenjahren jederzeit "abrufen", weiß ich, dass es immer derselbe Gesichtsausdruck war, weil er ein Gefühl vermittelte: "Ich bin da. Immer. Fürchte dich nicht!" ...
Die Seele in Raum und Zeit
Der kosmische Raum – Planeten, Pflanzen und Tiere, der Mensch - all dies sind Manifestationen im energetischen Raum. Manifestationen sind in Verkörperungen gebrachter Geist, sind Ausdruck des Feinstofflichen im Physischen. Energie IST, transparent, als Dichte wahrnehmbar, auch in Farben, wie die der sieben Chakren und wie die Farben der Aura. Auch nehme ich die sieben Chakrenfarben in Nuancen im Sphärischen wahr: Die Sphären liegen hoch hinaus, noch über den Gestirnen und ihre Leuchtkraft ist rein. In diesem Kosmischen gibt es keine Grenzen, jedoch sich verändernde Dichte, Farben und Formen der Sphären, die als sich voneinander abgrenzende Räume erscheinen. Sie liegen beispielsweise nebeneinander, parallel. Diese Orte sind Leere und Fülle zugleich, und so angereichert sie sind, so leer und weit sind sie. Was sich dort bewegt, verändert, schwebt und zieht scheint für Ewigkeiten gemacht. Doch wer von uns Menschen könnte Ewigkeit mit seinem begrenzten Bewusstsein schon erfassen? Wir könnten sie definieren als all diejenige Raum- und Zeitvorstellung, die im menschlichen allzu verflacht ist, weil horizontal linear gelagert und somit zu limitiert. Der Raum jedoch, der sich zwischen Vertikaler und Horizontaler aufspannt, mit dem Mittelpunkt des (kosmischen) Herzens im Menschen, bildet einen Kreis um den Menschen herum - die Aufspannweite dieses Raumes scheint endlos, je nachdem, wie weit es unser menschlicher Geist zulässt, sich in die Weite auszudehnen.
In diesen und in näher liegenden kosmischen Sphären erscheint die Seele als Lichtenergie. Sie ist mit All-Wissen angefüllte Energie. Lichtpunkte, kleine Feuer, Sterne - je nachdem, wie die einzelne Seelenenergie beschaffen ist, die sich verkörpern wird. Aufgrund meiner spirituellen Erfahrungen der Seelenreisen und Rückführungen mit Klient*innen, die ich in diesem Buch mit dir teile, sowie meines Kontakts mit der feinstofflichen Welt bezeichne ich die Seele als energetische intelligente Bewusstseinseinheit. Ich habe sie in dem Kapitel über "meine eigene Entwicklung dank der Kenntnis von Inkarnationen" bereits als Amöbe beschrieben, die ich durch den Kosmos fliegen sah. Ich durfte diese energetische Seelenpräsenz wahrnehmen, als mir der Anbeginn meiner Zeit gezeigt wurde. Der Beginn einer seelischen Struktur, die allwissend ist, inkarnieren möchte, dabei zunächst begonnen hat sich zu manifestieren, wo immer sie wollte, beispielsweise als Moos, um schließlich nach unendlichen Verkörperungen als Zweibeiner Mensch am Tag meiner Geburt dann ICH zu werden, bzw. in mir zu wohnen, mich auszufüllen, diesen meinen Körper zu beleben. Dieses Wissen, das sie in mich einbringt, kann ich heute noch spüren. Die Kenntnisse im Detail an sich nicht mehr, jedoch die Weite dieses Wissens als Unendlichkeit von Bewusst-Seinen erahnen. Vielleicht liegt es mir deshalb am Herzen, die spirituellen Reisen mit meinen Klient*innen in diesem Buch vor dir auszubreiten, da sie, als Mitschnitte begonnen, Zeugnis ablegen, wer, was, wann und wie sich die energetische Seelenpräsenz in dem Menschen, der vor mir sitzt, einst verkörperte. Was wir Menschen alles waren und deshalb heute sind - Reisende zwischen den Welten.
Dieser nichtsprachliche Raum der Seele, der Gedanken, des Gewahrseins durch volle energetische Präsenz wirkt in uns selbst und um uns herum. Seien wir uns gewiss: Noch bevor wir sprechen, sind wir präsent, sind wir - da. Unsere Gedankenwelt, die in der mentalen Ebene wohnt, beeinflusst unseren emotional-seelischen Zustand und ist sogleich ihr Zeuge: Sind meine Gedanken betrübt, BIN ich betrübt, fühle ich mich betrübt und strahle ich Betrübtheit in meine Umwelt aus. Die mentale Ebene wirkt auf die emotionale nahtlos über. Ich verdeutliche diese Tatsache, wenn ich in diesem Buch über das Aurafeld sprechen werde. Daher wissen wir Spirituellen von der Notwendigkeit der Gedankenhygiene, von der Notwendigkeit, Gedanken aufmerksam zu wählen und daraufhin zu entscheiden, in welche ich mich, in welche sich mein Ich hineinbegibt, um diesen energetischen Raum dann auszudehnen, um ihn zu bewohnen. Das Ergebnis ist fühlbar: Dann BIN ich mein Gedanke - vor mir selbst und vor den anderen. Entsprechend "erhelle oder verdunkle" ich mein Umfeld. Es dürfte deutlich geworden sein, dass Hassgedanken - aber auch all jene des Un-muts - in keinem Fall dazu gehören, ausgewählt und ausgedehnt zu werden. Weshalb? Damit ich in meiner Umwelt diesen energetischen Raum der Zwietracht nicht aktiv unterstütze.
Je aufgeräumter wir seelisch sind, desto gründlicher wir unser biografisches Ich und unseren biografischen Seelen-Garten umgegraben und neu bepflanzt haben, desto mehr Zugang haben wir zum energetisch reinen Gewahrsein, zum energetischen Raum der Aufmerksamkeit. Umso mehr wir unser Inkarnationsgedächtnis geklärt haben, desto reiner ist die Energie der Gedanken und desto spürbarer ist die feinstoffliche Welt als ein sehr klarer und reiner, lichter Energie-Raum. Umso mehr der Mensch seine "karmische Landkarte" kennt als auch erlöst, desto freier und lichtvoller strahlt er in die Welten und erhellt unser aller Dasein mit seiner Präsenz. Dieses besondere Zugegensein eines auf-geklärten Menschen ist durch alle Lebewesen wahrnehmbar und erschafft einen besonderen Raum der Schwingung: WIR sind Hebammen des Lichts!
Clara Welten: „Wir sind Hebammen des Lichts!“, Jim Humble Verlag 2.2024, Hardcover, 256 Seiten, 27,90 Euro. www.jimhumbleverlag.com
Clara Welten ist eine international arbeitende Fachfrau für Tiefenpsychologie und Spiritualität und Gründerin des deutsch-französischen „Welten-Instituts für Tiefenpsychologie und Spiritualität“, Berlin. Sie ist Begründerin der anerkannten Ausbildung und Therapieform: „Integrative Therapie: Psycho-spirituelle Seelenbegleitung“ und bietet in ihrem Institut Einzelarbeit, Paartherapie, Seminare und Ausbildungen an. Mehr Infos unter: www.welten-institut.de
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Säuren loswerden – wichtig – und leichter, als Sie denken ... von Barbara Simonsohn
Der deutsche Arzt und Forscher Professor Otto Warburg, der 1931 den Medizin-Nobelpreis für diese Entdeckung erhielt, fand heraus, dass sich Krebszellen gegenüber gesunden Zellen durch einen höheren Milchsäure-Spiegel aufgrund anaerober Glykolyse auszeichnen. Er hielt diese Übersäuerung schon damals für die Entstehungsbasis für Krebs. Die Krebszelle braucht ein saures Milieu zu ihrem Gedeihen, und produziert dafür selbst Säuren. Das Milieu ist also entscheidend. Dieser Ansatz wurde von der Pharmaindustrie leider ignoriert, wie der ganzheitlich orientierte Arzt Ruediger Dahlke moniert. Heute ist Fasten durch die wissenschaftliche Forschung des Italieners Dr. Valter Longo in den USA zu einer bewährten Behandlung bei Krebs geworden, weil es nachweislich gesunde Zellen stärkt und kranke schwächt. Einen entscheidenden Anteil dürfte daran die Entsäuerung haben, die beim Fasten stattfindet.
Übersäuerung ist eines der Grundübel unserer an Problemen reichen Gesundheitsmisere. Wenn Sie ihrem Hausarzt sagen, sie seien übersäuert, kann es passieren, dass dieser eine Blutprobe nimmt, diese untersucht und Entwarnung gibt: "Nein, sie sind nicht übersäuert." Die Blutazidose oder -übersäuerung ist ein lebensbedrohlicher Zustand. Das "weiß" auch die Weisheit unseres Körpers, unser "innerer Arzt" (Paracelsus), und parkt überschüssige Säuren im weniger lebensgefährlichen Terrain, dem kollagenen Bindegewebe. Nicht, dass es dort keinen Schaden anrichten könnte: Durch Verschlackung des Gewebes können weiße Blutkörperchen im Falle einer Infektion nicht mehr schnell genug zum Infektionsherd, das Immunsystem ist geschwächt. Außerdem sind die Nährstoffversorgung und Reinigung der Zelle behindert. Die Zelle ist nicht mehr funktionstüchtig und setzt ein Apoptose-Programm in Gang. Die Zelle stirbt. Sterben zu viele Zellen ab, werden wir krank, weil die Organfunktionen beeinträchtigt sind.
Die Schulmedizin leugnet den Zusammenhang zwischen Übersäuerung und Krebs, aber auch so vielen anderen Krankheitsbildern wie Rheuma, Diabetes Typ II, Gicht und Herz-Kreislauferkrankungen. Fast alle Medikamente und schulmedizinischen Behandlungsmethoden verschlimmern die Übersäuerung oder Azidose. Durch Entsäuerung kommen wir nicht nur wieder ins Säure-Base-Gleichgewicht, sondern auch ins seelische Gleichgewicht. Entsäuerung hat nicht nur positive Auswirkungen auf den Körper, sondern auch auf die Seele und den Geist. Entsäuerung ist eine Form der körperlichen Entschlackung, die bis auf die seelische Ebene erleichtert und befreit.
Säulen sind dabei Darmreinigung, basenbetonte Ernährung, Bewegung, Azidose-Massagen nach Dr. Renate Collier sowie Entspannungsmethoden wie das authentische Reiki. Stress - chronischer Stress - ist nämlich der stärkste Säurefaktor, noch vor säurebildender Ernährung, Genussgiften wie Alkohol und Nikotin und Bewegungsmangel. Die Azidose-Therapie nach Dr. Renate Collier beruht als erstes auf genialen Azidose-Massagen, die man sogar in Eigenregie durchführen kann wie die Kopf-Nacken-Massage, Bauchmassage oder Bein-Fuß-Selbstmassage. Es handelt sich dabei im besten Sinn um eine Selbsthilfemethode, die man auch erfolgreich bei anderen anwenden kann.
Dr. Renate Collier war eine Mayr-Ärztin, die ihren Patienten ursächlich und dauerhaft - nachhaltig - helfen wollte. Sie erkannte die Rolle der Übersäuerung als Voraussetzung zur Entstehung von Krankheiten. Dr. R. Collier: "Es liegt mir am Herzen, den Menschen zu helfen, bevor sie unheilbar krank werden." Mit der Zeit entwickelte sie ein ganzheitliches Programm zur Entsäuerung mit Schwerpunkt auf tiefgreifenden Bindegewebs- und Lymphmassagen. Ihren Patienten in ihrer Kurklinik in Westerland brachte sie die Bauchselbstmassage bei, die sie auch in ihrem GU-Bestseller "Wie neugeboren durch Darmreinigung" ausführlich in Wort und Bild beschrieb. Das passte dem Bund der Mayr-Ärzte damals überhaupt nicht, und sie flog hochkarätig aus dieser Organisation heraus. Wohin könnte es denn führen, wenn Patienten sich selbst helfen könnten, und die "Halbgötter in Weiß" von ihrem Thron gestoßen würden? Als sie sich ein solches Renommée mit ihrer Arbeit erarbeitet hatte, dass der Bund der Mayr-Ärzte sie wieder in seinen Reihen aufnehmen wollte, lehnte sie dankbar ab.
Dr. Renate Collier führte zeitlebens ein Leben gegen den Strom. Ich hatte das Privileg, sie in zahlreichen Kurseminaren erleben zu dürfen. Sie war dickköpfig, offen für Neues, begeisterungsfähig, visionär, mit weitem Blick, allergisch gegen selbst ernannte Autoritäten. Ihre Abiturarbeit schrieb sie über den großen Arzt Paracelsus, und mit 24 Jahren leitete sie bereits als Ärztin die Abteilung für chirurgische und innere Medizin an einem Krankenhaus in Lyck im ehemaligen Ostpreußen. Was sie entdeckte: trotz normaler Laborwerte fühlten sich Patienten krank und erschöpft. Durch basenüberschüssige Kost und Entsäuerungsmassagen wurden sie zu einem neuen Menschen: gesund, strahlend, schön. Von Anfang an machte Dr. Collier ihre Patienten zu Mitwissern und mündigen Gesundheitsexperten, erklärte ihnen die Hintergründe und brachte ihnen Massagen und Selbstmassagen bei. Sie erkannte schon früh: "Der Säure-Basenhaushalt ist das größte, oft existenzielle Problem des Stoffwechsels und damit des Menschen." Unzählige Menschen haben ihr immens viel zu verdanken.
90 Prozent der Bevölkerung sind mehr oder weniger übersäuert. Schon für Hippokrates und Paracelsus galt die latente oder Gewebs-Azidose als Grundursache aller chronischen Krankheiten. Eine latente Azidose macht sich nicht im Blut bemerkbar, sondern das Bindegewebe wird überwiegend als Abladeplatz für überflüssige und potenziell gefährliche Säuren genutzt. Der Säure-Basen-Haushalt sorgt idealerweise für ein stabiles Milieu, in dem die vitalen biochemischen Stoffwechselprozesse optimal ablaufen können. Durch zu viel Säure kann die Zelle vergiftet werden und eingehen. Nur gesunde Zellen aber können Gesundheit schenken. Zellgesundheit ist unser wahrer Wohlstand. Der norwegische Biochemiker Ragnar Berg forderte von Gesunden, das Vierfache an Basenbildnern zu essen wie an Säurebildnern. Das Verhältnis ist aber bei den meisten Menschen genau umgekehrt. Unsere stressige Lebensweise und sich überlagernde Krisen bringen den Säure-Basenhaushalt zusätzlich aus dem Gleichgewicht. In ihrer unnachahmlich direkten und undiplomatischen Weise stellte Dr. Collier fest: "Am Anfang einer jeden Erkrankung steht ohne Ausnahme die Übersäuerung."
Der latenten Azidose können Sie durch Maßnahmen wie eine Änderung der Ernährung, genügend Bewegung, ausreichend Ruhe und Schlaf, Lösung psychischer Probleme, Darmsanierung und Azidose-Massagen gut entgegenwirken. Ausscheidungskrisen wie Katarrhe oder Entzündungen sind der verzweifelte Versuch des Körpers, seine Säurelast zu mindern.
Nach den Gesetzen der Kybernetik kann das Versagen des kleinsten Teils eines Systems zum Untergang des Ganzen führen.
Die Zelle als kleinstes Teil ist nach Dr. Collier "die eigentliche Werkstatt des Lebens". Darum müssen um jeden Preis die Bedürfnisse der Einzelzelle befriedigt werden, soll nicht eines Tages das ganze System zusammenbrechen. Dr. Berthold Kern: "Es gibt im menschlichen Organismus kaum ein Organ, Gewebe oder Funktionselement, das nicht durch Übersäuerung gestört oder geschädigt werden kann und das nicht nur Entsäuerung wieder gebessert würde." Ohne Kenntnis der Ursache ist eine kausale Therapie nicht möglich. Azidose-Therapie bedeutet nicht nur ursächliche Behandlung von Beschwerden, sondern Vorbeugung chronischer Erkrankungen, Verjüngung und Lebensverlängerung. Das große Verdienst von Dr. Collier ist es, dass sie das Thema Azidose und Azidose-Therapie bei vielen ihrer Kollegen bekannt gemacht, viele Heilpraktiker und weitere Interessierte in dieser Methode ausgebildet und eine Laienbewegung betroffener Patienten initiiert hat.
Die Ursachen der Übersäuerung liegen im Mineralstoffmangel unserer Lebensmittel. Haupt-Basenbildner sind Gemüse, Küchen- und Wildkräuter. Unsere Böden und damit auch die Pflanzen, die darauf wachsen, leiden aber an einem Mangel an Mineralstoffen und Spurenelemente wie Selen und Magnesium. Auch im Bio-Landbau sind die Züchtungsziele falsch, weil sie auf Äußerlichkeiten wie Geschmack und Aussehen ausgerichtet sind und nicht auf innere Werte: eine hohe Vitalstoffdichte für unsere Gesundheit. Dazu kommt: Nur 7 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen erreichen die von Ärzten empfohlenen 5 Portionen von Gemüse und Obst pro Tag. Optimal wären sogar 10 Portionen zur Vermeidung von chronischen Erkrankungen und für eine lange Lebensdauer. Wir verhungern auf der Zellebene an vollen Töpfen - nehmen zu viele Kalorien und zu wenig Vitalstoffe auf. Viele Menschen sind Bewegungsmuffel. Durch Schwitzen werden Säuren ausgeschieden. Immer mehr leiden unter Stress. Stresshormone wirken als Säurebildner. Umweltgifte wirken ebenfalls säuernd. Der Säureforscher Dr. Berthold Kern schreibt von Schlaganfall und Herzinfarkt - Todesursachen Nummer 1 - als "Säurekatastrophen". Anorganische Säuren als Ausgleich sind nicht die Lösung, weil sie auf Dauer zu Arteriosklerose, zur Arterieninnenwandverkalkung, beitragen.
"Die Krankheiten befallen uns nicht aus heiterem Himmel, sondern entwickeln sich aus täglichen kleinen Sünden wider die Natur", wusste schon Hippokrates. Übersäuerte Menschen sind schmerzanfälliger und krankheitsanfälliger. Heute sind fast nur noch gestillte Säuglinge und Angehörige von Naturvölkern im Säure-Basen-Gleichgewicht. Inneren Frieden und heitere Gelassenheit können wir kaum erleben, wenn wir physiologisch übersäuert sind. Sauer macht psychisch sauer, wir werden gereizt, aggressiv oder depressiv. Wer übersäuert ist, hat meist keine tiefen Meditationserlebnisse oder spirituelle Erfahrungen. Azidose betrifft Körper, Seele und Geist. Ich habe mit meinem Buch "Säuren loswerden" Dr. Renate Collier und ihrer Pionierleistung ein kleines Denkmal gesetzt. Mit genauer Anleitung der Bindegewebsmassagen und sonstiger Tipps wie Darmreinigung und Basenwickel kann jeder der Entstehung von Krankheiten den sauren Boden entziehen und die Uhr seines biologischen Alters zurückdrehen sowie neue Vitalität und Lebensfreude entwickeln. Nur im Säure-Basen-Gleichgewicht blüht der Mensch auf und ist den Herausforderungen des modernen Lebens gewachsen. Nur so kann er seinen Auftrag erfüllen: | "Sei du die Veränderung, die du von der Welt erwartest." (Mahatma Gandhi) |
Passende Bücher zum Beitrag von Barbara Simonsohn:
„Säuren loswerden. Von Darmreinigung über Massage bis Basenwickel: alles, was hilft, gesund und fit zu werden“, Schirner | „Das Basische Prinzip. Dr. Jacobs Schutzformel gegen die größten Gesundheitskiller unserer Zeit“, Mankau
Barbara Simonsohn (geb. 1954) ist Ernährungsberaterin und Reiki-Lehrerin. Seit 1982 gibt sie Seminare im In- und Ausland, vor allem über das authentische Reiki mit sieben Graden, aber auch in Azidose-Therapie und -Massagen nach Dr. Renate Collier sowie in Yoga. Darüber hinaus befasst sie sich intensiv mit dem Thema „gesunde Ernährung“ und gilt als Expertin für „Superfoods“. Seit 1995 hat Barbara Simonsohn zahlreiche Ratgeber im Bereich der ganzheitlichen Gesundheit veröffentlicht. Infos unter www.barbara-simonsohn.de
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